Horesca Sektor

(Magazin) Wo findet man gute Arbeitsbedingungen?

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„Wo findet man Personal?“
Die Frage steht ganz oben in der Zeitschrift der Horesca (fédération des hôteliers, restaurateurs et cafetiers) von Juni 2019. Ohne wirklich eine Antwort zu geben, geht die Zeitschrift im Detail auf den Fall des Restaurants „Abbruzzebier“ ein, dessen Besitzerin dank einer Videoaufnahme, die sich in den sozialen Netzwerken verbreitet hat, die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, in der sie erklärte, kein Personal für ihr Restaurant zu finden und indem sie dem Außenministerium vorwarf, ihr Steine in den Weg zu legen bei der Einstellung von Arbeitnehmern, die aus Albanien stammen.

„Der Gastronomie-Sektor findet nicht das notwendige Personal“, so erklärt der Chef-Redakteur der Zeitschrift in einem Kommentar auf der gleichen Seite. „Die Kandidaten sind nicht immer flexibel genug oder sind nicht motiviert“.

Es handelt sich hier um die gleiche Argumentation, die seit Jahren von der FEDIL-Catering, Verband der Arbeitgeber in der Großgastronomie, benutzt wird. Nur wenig motiviertes Personal, mangelnde Flexibilität, zu hohe Forderungen: diese wären die Ursachen des Personalmangels in diesem Teilsektor der Gastronomie.

Zu niedrige Löhne im Vergleich zur Arbeitsbelastung? Extrem flexible Arbeitszeiten mit mehrstündigen Unterbrechungen? Nichts zu tun mit den Schwierigkeiten, die die Arbeitgeber im Sektor haben, um Personal zu finden.

Der OGBL wehrt sich natürlich gegen diese grob vereinfachte Lektüre eines wahren Problems, und verlangt nun schon seit Jahren die Einführung eines sektoriellen Kollektivvertrags, der zweifelsohne die verschiedenen Berufe der Großgastronomie attraktiver gestalten würde.

„Nur sehr wenige Arbeitnehmer erhalten in diesem Sektor den qualifizierten Mindestlohn, sogar wenn sie über 10 Jahre Erfahrung im Beruf haben. Im Vergleich zu anderen Sektoren, kommt es selten vor, dass wir 8-Stunden-Tage haben, und es handelt sich oft um eine körperlich anstrengende Arbeit. Es gibt einen echten Frust, der zusammenhängt mit der mangelnden Anerkennung für unseren Beruf. Die Jüngeren zögern sich für diesen Beruf zu entscheiden, das ist normal“, beklagt Eric Neige, Präsident des OGBL-Syndikats Nahrung, Genuss und Gaststätten, Delegationspräsident bei Eurest und Arbeitnehmer im Gastronomiebereich seit über 40 Jahren.

Die letzten Jahre waren Jahre großer Veränderungen für den Sektor der Großgastronomie in Luxemburg. Gezwungen sich der Zeit anzupassen, sahen die Unternehmen sich mit neuen Erwartungen der Kunden konfrontiert, die sich immer mehr Sorgen über die Herkunft der Lebensmittel machen. Bio-, Lokal-, Frischprodukte und vor allem eine große Vielfalt, das ist was von den in Luxemburg ansässigen Unternehmen verlangt wird. Der Sektor bessert demnach sein Image auf, mit neuen Labels und einem immer breitgefächerten Angebot. Doch vergisst er ein wichtiger Bestandteil: seine Arbeitnehmer wertschätzen.

„Als ich vor 17 Jahren in diesem Sektor angefangen habe, waren die Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgebern familiärer. Wir kannten uns alle und es gab mehr Verständnis. Heute hat die Quantität der Arbeit explosionsartig zugenommen, es gibt immer mehr Unternehmen, demnach auch Wettbewerb, und wir sind zu Nummern geworden. Niemand erkennt unsere Erfahrung und unsere Treue an, das ist bedauernswert“, so kommentiert Sonia Castelletto Gobert, Präsidentin der Pesonaldelegation bei Sodexo. Dazu kommt ein Druck auf die Löhne und die Arbeitsbedingungen, insbesondere geschuldet durch immer anspruchsvollere Ausschreibungen. Die Konkurrenz und der Druck auf die Preise fördern den Sozialdumping.

Ein sektorieller Kollektivvertrag würde es nicht nur ermöglichen, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die motiviertes Personal anziehen würden und dem Personalmangel entgegenwirken würde. Er würde auch die Einführung einiger Standards in Sachen Arbeitsbedingungen und Löhne ermöglichen. Die Konkurrenz würde das Angebot, nicht mehr die Löhne beeinflussen.

Um attraktiver zu werden, muss der Sektor so schnell wie möglich von einem Kollektivvertrag bestimmt werden, der die allgemeinen Vorkehrungen des Arbeitsgesetzes an die besonderen Situationen des Sektors anpassen wird. Es ist im Interesse der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, die Großgastronomie insgesamt aufzuwerten. Die Flexibilität und das Fachwissen, die von den Arbeitnehmern abverlangt werden, sind natürlich mit Kosten verbunden, und der Arbeitnehmer, der sich für die Großgastronomie interessiert, dürfte seine Motivation nicht wegen ungünstigen Arbeitsbedingungen verlieren. Es versteht sich von selbst, dass das wahre Reichtum eines Sektors in motivierten und wertgeschätzten Facharbeitskräften besteht, und nicht geschwächt durch unsichere Arbeitsbedingungen, die durch aufgezwungene Teilzeitverträge, befristete Verträge oder Interimsverträge geschuldet sind.

Es ist ebenfalls unabdingbar, kollektive Antworten auf immer wieder auftauchende, für den Sektor spezifische Probleme zu finden, wie der große Bedarf an flexiblen und mobilen Arbeitnehmern oder Unternehmenstransfers und demnach die Übernahmen der Arbeitnehmer. Schließlich versteht es sich von selbst, dass nur der sektorielle Kollektivvertrag die konstante und ausgeglichene Entwicklung der Einkommen und der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer garantieren kann.

„Eine der Hauptforderungen ist, dass damit aufgehört wird, unsere Berufe zu denaturieren. Der Schwerpunkt muss auf die Qualifizierung der Arbeitnehmer gelegt werden, und diese muss mit den entsprechenden Lohnverbesserungen einhergehen. Kellner oder Oberkellner sind wahre Berufe, die Erfahrung und/oder eine Lehre erforderlich machen. Das Patronat beklagt sich derzeit über einen Mangel an qualifiziertem Personal, will aber unsere Qualifikationen nicht anerkennen. Das widerspricht sich“, kommt Eric Neige zum Schluss.


Ein sektorieller Kollektivvertrag würde es nicht nur ermöglichen, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die motiviertes Personal anziehen würden und dem Personalmangel entgegenwirken würde. Er würde auch die Einführung einiger Standards in Sachen Arbeitsbedingungen und Löhne ermöglichen. Die Konkurrenz würde das Angebot, nicht mehr die Löhne beeinflussen.


Publiziert im Februar 2020