Immer die gleiche alte Leier …

Wie üblich greift die OECD das luxemburgische Sozialsystem an

blablablaKürzlich wurde Luxemburg vom Generalsekretär der OECD, Mathias Cormann, besucht, der 2021 dieses Amt von Angel Gurria übernommen hat. Mathias Cormann war zuvor Minister in Australien für die Liberale Partei (bis zum Sieg der Labour Party im Jahr 2019). Als Mathias Cormann Generalsekretär der OECD wurde, wurde er vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB), der über die Ernennung dieses neoliberalen Hardliners sehr besorgt war, heftig kritisiert.

Die Äußerungen, die Mathias Cormann anlässlich seines Besuchs in Luxemburg machte, bestätigten leider voll und ganz die Bedenken des EGB in Bezug auf ihn. Bei der Vorstellung der OECD-Studie über die luxemburgische Wirtschaft nutzte der neue Generalsekretär das Podium, um zwei Schlüsselelemente des luxemburgischen Sozialsystems anzugreifen: den Index natürlich, aber auch das öffentliche Rentensystem.
Der Index würde die Wettbewerbsfähigkeit der luxemburgischen Wirtschaft beeinträchtigen, die Inflation selber ankurblen und es erschweren würde, die Preise in den Griff zu kriegen so der Generalsekretär. Das altbekannte Lied…

Der Generalsekretär ging sogar so weit, die in Belgien ergriffene Maßnahme vorzuschlagen, gegen die die belgischen Gewerkschaften gerade einen weithin beachteten eintägigen Generalstreik organisiert haben und die darin besteht, eine Obergrenze für Lohnerhöhungen („Norme salariale“) einzuführen.

Offenbar hat die OECD nichts von der Debatte mitgekriegt, die dieses Jahr in Luxemburg stattfand, mit der Manipulation des Index bei der Tripartite im März 2022, dem monatelangen Widerstand des OGBL gegen diese Manipulation und schließlich dem Abschluss eines Tripartite-Abkommens im September, das die Wiederherstellung des normalen Funktionierens des Mechanismus vorsieht. Ihr Generalsekretär ist offenbar der Ansicht, dass der soziale Frieden im Land noch weiter gebrochen werden soll.

Die alte Leier von der hausgemachten Inflation durch den Index (eine Variante der angeblichen „Lohn-Preis-Spirale“) dient hier wieder einmal als Vorwand für Sozialabbau, obwohl in der Praxis vielfach nachgewiesen wurde, dass der angebliche preistreiberische Effekt des Index so nicht besteht. So schätzt das Statec, dass dieser Effekt zu einem Preisanstieg von… 0,2 % führt. Und allein die Tatsache, dass Luxemburg derzeit eine weitaus niedrigere Inflation hat als andere europäische Länder, die kein Indexierungssystem haben, zeigt, dass diese Behauptung nicht der Realität entspricht.
Glücklicherweise – und das ist selten genug, um es hervorzuheben – widersprachen die bei der Vorstellung der Wirtschaftsstudie anwesenden Minister für Finanzen, Wirtschaft und Energie alle drei Mathias Cormann in der Frage des Index. Zweifelsohne wollten sich die Regierungsmitglieder nach den erbitterten Diskussionen während der Tripartite nicht erneut auf einen monatelangen Kampf mit dem OGBL einlassen.

Es ist jedoch bedauerlich, dass die drei Minister nicht auch dem Generalsekretär der OECD in Bezug auf die Renten widersprochen haben. Der Australier stellte die verschiedenen Vorruhestandsmodelle in Frage, behauptete, dass ein „großer Teil“ der luxemburgischen Männer bereits mit 54 Jahren in Rente gehen würde (was nicht stimmt), sprach sich für eine allgemeine Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters aus und malte schließlich das berühmte Katastrophenszenario aus… für das Jahr 2070!

Auch hier kennen wir die alte Leier. Wie oft wurde die berüchtigte „Rentenmauer“ schon angekündigt, ohne dass jemand sie je gesehen hat? Das Ziel all dieser Vorschläge ist immer dasselbe: Die staatliche Rentenversicherung soll abgebaut werden, um private Zusatzrentensysteme zu fördern.

Die von Mathias Cormann und der OECD vorgeschlagenen Rezepte haben schon lange Schiffbruch erlitten. Die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 und die schädliche Austeritätspolitik, die sie fortgesetzt hat, haben dies überdeutlich gezeigt. Es ist höchste Zeit, nach den Krisen der letzten Jahre ein anderes Lied anzustimmen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Zeitschrift Aktuell (#5 – 2022)