D’Ekonomie, daat si mir!

Die Berufssyndikate des OGBL haben am 30. November ihre Delegierten, Militanten und Kandidaten aus allen Wirtschaftssektoren zu einem Meeting eingeladen, um über Arbeitszeiten, Beschäftigungsschutz und Lohnpolitik zu sprechen. Kurz gesagt, das Herzstück der täglichen Arbeit des OGBL in den Betrieben. Treffpunkt für die Veranstaltung war die Diskothek Encore in Luxemburg.

In ihrer Einführung ging die OGBL-Präsidentin Nora Back insbesondere auf den Slogan des Treffens ein. “Die Wirtschaft sind wir”, betonte sie, “wir, die Arbeitnehmer in allen sozioökonomischen Sektoren, die die Arbeit leisten, die den Reichtum produzieren. Das ist die Wirtschaft. Ohne uns können diese Mehrwerte nicht produziert werden. Ohne uns funktionieren die Unternehmen nicht mehr”. Eine Botschaft, die sowohl an das Patronat als auch an die neue Regierung gerichtet ist.

Die OGBL-Präsidentin wandte sich auch direkt an die anwesenden Arbeitnehmer von Ampacet, die einige Tage zuvor in den Streik getreten waren, und geißelte die inakzeptable Haltung ihres Arbeitgebers, der das luxemburgische Sozialmodell mit Füßen tritt.

Anschließend erklärte sie, dass auch die nächsten fünf Jahre für alle Arbeitnehmer in Luxemburg schwierig werden könnten, wenn man bedenkt, was die neue Regierung plant (oder nicht plant). Der OGBL wird der neuen Regierung selbstverständlich eine Chance geben und mit ihr diskutieren, aber er wird auf keinen Fall Maßnahmen akzeptieren, die gegen die Interessen der Arbeitnehmer gerichtet sind.
Die Teilnehmer des Treffens konnten anschließend “sehen und hören, was die Umsetzung einer Lohnpolitik durch den OGBL konkret bedeutet”, wie es Isabel Scott, stellvertretende Zentralsekretärin des OGBL und Moderatorin des Abends, zusammenfasste. Auf dem Programm standen drei Themenblöcke mit Vorträgen der Zentralsekretäre und Erfahrungsberichten von OGBL-Delegierten aus sehr heterogenen Sektoren: Armand Klamm (Hôpitaux Robert Schuman), José Da Costa (Voyages Emile Weber), Jacques Adam (Tarkett), Calogero Galletta (Caceis Bank), Maria Das Dores (Nettoservice) und Loïc Duprel (Gemeinde Schifflange).

Arbeitszeit
Das erste Thema des Treffens war der Arbeitszeit gewidmet. Jean-Luc De Matteis, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des OGBL, erklärte: “Es geht nicht nur um die Frage, wie lange arbeite ich, heute, diese Woche, diesen Monat oder dieses Jahr? Sondern es ist auch die Frage: Wann arbeite ich? Wie arbeite ich? Wann habe ich frei? Und noch viele andere Facetten”. Wie zum Beispiel auch die Frage der Arbeitszeitverkürzung oder die Frage der Referenzperiode All diese Fragen werden regelmäßig im Rahmen von Kollektivvertragsverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern erörtert.
Und jede Situation ist anders. Was für die Arbeitnehmers eines Unternehmens oder einer Branche gut ist, ist es bei anderen vielleicht nicht. Der Rahmen der Kollektivverhandlungen ermöglicht es gerade, maßgeschneiderte Kompromisse zu finden, mit Gegenleistungen für die Arbeitnehmer, wenn ihre Tätigkeit besondere Anstrengungen erfordert. Man denke hier an die Arbeitnehmer im Gesundheitssektor, die zwar eine Jahresreferenzperiode haben, dafür aber von einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich profitieren.

Eine Jahresreferenzperiode würde jedoch in anderen Sektoren eine sehr schlechte Entwicklung sein. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass eine solche Maßnahme das sabotieren würde, was man sich vom Ergebnis einer Kollektivvertragsverhandlung erhoffen kann. Das sind zwei Gründe, warum der OGBL sich kategorisch gegen ihre allgemeine Einführung wehrt, wie es das Programm der neuen Regierung vorsieht, das hier eine alte Patronatsforderung aufgreift, gegen die sich der OGBL immer erfolgreich gewehrt hat. “Bis heute ist der OGBL der Garant für gute Arbeitszeiten. Und wir werden auch weiterhin gegen jede Verschlechterung kämpfen”, versichert Jean-Luc De Matteis

Absicherung von Arbeitsplätzen
Das zweite Thema des Abends war speziell dem Plan zum Beschäftigungserhalt (PME) gewidmet. Wie Frédéric Krier, ebenfalls Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des OGBL, in Erinnerung rief, ist dieses wichtige Instrument “nicht vom Himmel gefallen”, sondern wurde 2006 auf Druck des OGBL eingeführt, als sich damals die Sozialpläne häuften.

Frédéric Krier verhehlt nicht, dass das aktuelle Gesetz, auch wenn es bei seiner Einführung einen Fortschritt darstellte, dennoch eine Reihe von Mängeln aufweist, die behoben werden müssten. Er stellt jedoch mit Genugtuung fest, dass es dem OGBL in den letzten Jahren gelungen ist, eine lange Zeit vorherrschende Tendenz umzukehren, indem er eine Reihe von Unternehmen, insbesondere in der Industrie, dazu gezwungen hat, anstelle von Sozialplänen, die von den Direktionen bereits angekündigt und beziffert worden waren, Pläne zum Beschäftigungserhalt auszuhandeln. Dadurch konnten Hunderte von bedrohten Arbeitsplätzen gerettet werden.

Der OGBL würde es jedoch begrüßen, wenn das Instrument des PME endlich gestärkt würde, um die Arbeitsplätze in Luxemburg noch besser zu sichern. Neben der Einführung einer Verpflichtung für die Arbeitgeber, bei Anfrage der Gewerkschaften einen Plan zum Beschäftigungserhalt aushandeln zu müssen, die Möglichkeit, das nationale Schlichtungsamt anzurufen, wenn keine Einigung mit dem Arbeitgeber erzielt werden konnte, und einer Verstärkung der Kontrollen der ITM, um die Umsetzung der im Rahmen eines solchen PME abgeschlossenen Maßnahmen zu überwachen, müsste auch eine präventive Dimension in dieses Instrument integriert werden.

“Deshalb schlagen wir vor, auch im Rahmen des ökologischen Übergangs und der digitalen Transformation, dass das Instrument des Plans zum Beschäftigungserhalt reformiert wird, um im Vorfeld, in der Mitbestimmung innerhalb des Unternehmens mit der Personaldelegation zu identifizieren, welche Arbeitsplätze das Unternehmen in Zukunft brauchen wird, welche Profile es brauchen wird und welche Arbeitsplätze gefährdet sind und zu verschwinden drohen. Und so gemeinsam, schon jetzt, Ausbildungen oder andere Maßnahmen, wie zum Beispiel Vorruhestandsregelungen, festlegen, um die Arbeitsplätze im Voraus zu sichern», fasst Frédéric Krier zusammen. In den Augen des OGBL müsste dieses reformierte Instrument auch mit einem «Sozialaudit» der Unternehmen verbunden werden,  das alle Unternehmen obligatorisch jedes Jahr in Absprache mit ihren Delegationen festlegen müssten.

Offensive Lohnpolitik … und Streik
Drittes Thema des Treffens war schließlich die Lohnpolitik, die der OGBL verfolgt, um die Entlohnungsbedingungen der Arbeitnehmer in den verschiedenen Aktivitätssektoren zu verbessern. Ursprünglich hatte David Angel, ebenfalls Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des OGBL, geplant zu erläutern, wie die drei Schlüsselelemente dieser Lohnpolitik – der Index, der soziale Mindestlohn und die Kollektivverträge – zusammenhängen und aus welchem Grund, wenn eines von ihnen angegriffen wird, das ganze Gebäude in Mitleidenschaft gezogen wird. «Ich wollte mit euch über das Herzstück unseres gewerkschaftlichen Engagements sprechen: unsere Lohnpolitik. Wie wir mit unseren Kollektivverträgen tagtäglich die Lebens- und Arbeitsbedingungen unserer Mitglieder und der Arbeitnehmer im Allgemeinen verbessern! Aber liebe Kolleginnen und Kollegen, wie soll ich es Ihnen sagen? Das Herzstück unseres gewerkschaftlichen Engagements, unsere Existenzberechtigung als Gewerkschaft, findet derzeit in Düdelingen in der Industriezone, vor dem Unternehmen Ampacet  statt», sagt er.

«Der Streik, die kollektive Entscheidung, die Arbeit zu verweigern, ist die höchste Form des gewerkschaftlichen Engagements. Sie ist unsere letzte und stärkste Waffe als Arbeitnehmer», betonte der Gewerkschafter und hob hervor, dass bei dem aktuellen Arbeitskampf bei Ampacet viel auf dem Spiel steht. Viele Arbeitgeber beobachten den Ausgang des Konflikts genau, um daraus Lehren zu ziehen. «Wenn wir sie gewähren lassen, nehmen sie uns alles weg, was wir uns über Jahrzehnte erarbeitet haben».
David Angel dehnte seine Ausführungen dann aber doch auf andere Bedrohungen der Lohnbedingungen aus, insbesondere auf den Index, der eine der Säulen der Lohnbildung im Land darstellt und Gegenstand ständiger Angriffe der aufeinanderfolgenden Regierungen und vor allem der Arbeitgeber ist. Er betont in diesem Zusammenhang, dass jede Manipulation oder Verschlechterung des Index auch unmittelbare negative Auswirkungen auf die Entwicklung des sozialen Mindestlohns hätte.

Als er dann auf das Programm der neuen Koalition einging, stellte er fest, dass die nächsten Angriffe bereits vorprogrammiert seien, sei es der Index, aber auch die von der Regierung angedeutete Idee, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber direkt miteinander verhandeln können sollten – ohne Vertretung durch die Gewerkschaften. Er schloss: «Alleine als Arbeitnehmer kann ich nicht auf Augenhöhe mit meinem Chef verhandeln, aber wenn ich in einer Gewerkschaft bin und mit meiner Gewerkschaft und ihren 75.000 Mitgliedern im Rücken verhandle, dann, ja dann diskutieren wir endlich auf Augenhöhe.».

Dieser Artikel wurde in der Dezemberausgabe des Aktuell veröffentlicht