Wer die Messlatte niedrig hängt, wird Folgendes feststellen: Mehr Kandidaten können die gestellten Anforderungen erfüllen. So erklärt sich zum größten Teil auch die Diskrepanz in puncto allgemeiner Erfolgsquote beim „Baccalauréat européen“ und bei der „Première classique“ und „générale“. Während nur 66% der Schüler im „Enseignement général“ sowie 83% im „Enseignement classique“ auf Anhieb ihr Abitur schafften, so schafften dieses Jahr mal wieder 98,86% der Schüler das „Baccalauréat“ an den hiesigen öffentlichen europäischen Schulen.
Eine Erfolgsquote von 98% bis 99% ist quasi europaweiter Standard beim europäischen Abitur. Das liegt zum größten Teil an den Bewertungskriterien, die im Vergleich zum Luxemburger Schulsystem deutlich laxer sind:
Die strengeren Bewertungskriterien des Luxemburger Abiturs garantieren aber ein gewisses Kompetenzniveau: Eine ungenügende Jahresnote in Mathematik kann dort nicht mit einer guten Sportnote ausgeglichen werden. Sich an der reinen Erfolgsquote zu orientieren, bringt folglich wenig, um über die Kompetenzen dieser Abiturienten urteilen zu können. Wenn man sich das europaweite Ranking der „École internationale de Differdange“ (EIDE) und der „International School Lenster Lycée“ (LLIS) anschaut, so belegten beide Schulen in den vergangenen Jahren die letzten drei Plätze. Die EIDE belegte sogar im Jahr 2023 europaweit den letzten Platz. Das Examen ist folglich zwar bestanden, aber die Leistungen der Abiturienten sind im Schnitt sehr niedrig, die Kompetenzen dementsprechend auch. Wie und ob Luxemburger Absolventen des europäischen „Baccalauréats“ ihr Studium schaffen, ist unklar: Noch fehlen die Zahlen hierzu.
Für das SEW/OGBL besteht die Aufgabe der weiterführenden Sekundarschule ganz klar darin, die Schüler auf ein späteres Studium vorzubereiten. Diplome verschenken mag für zufriedene Eltern und Schüler sorgen, ist langfristig aber weder im Sinne der betroffenen Schüler noch im Sinne der Gesellschaft.
Das SEW/OGBL fordert daher eine transparente Evaluierung des europäischen Abiturs und stellt seine Vergleichbarkeit mit dem nationalen Abitur ganz klar und deutlich in Frage.
Zu einer transparenten Evaluierung der öffentlichen Europaschulen und des Luxemburger Schulsystems müssen aber auch die Sprachkompetenzen zählen. Zu diesem Zweck würden sich die „épreuves standarisées“ anbieten, wobei auch nach „5ème“ noch weiter getestet werden sollte, um zu evaluieren, wie es wirklich um die Mathematik- und Sprachkenntnisse der Schüler des ESC, des ESG, der Berufsausbildung – separat aufgeteilt in „DT“, „DAP“ und „CCP“ – und der öffentlichen Europaschulen steht.
Fest steht: Auch das luxemburgische Schulsystem weist enorme Lücken auf. Ob es aber zu mehr schulischer Fairness kommen wird, wenn vornehmlich in den Bau und Ausbau von Europaschulen investiert wird, ist fraglich. Mit einer solchen Bildung „à la carte“, beruhend auf einer Internationalisierung des schulischen Angebots sowie einer Intensivierung der privatwirtschaftlich inspirierten „Schulautonomie“, wird Schülern und Eltern vorgegaukelt, dass sich ein individueller Bildungsweg zurechtschneidern lässt. Angesichts der sich vertiefenden sozialen Widersprüche und einer heterogener, individualistischer sowie unsolidarischer werdenden Gesellschaft, die das „vivre ensemble“ im multikulturellen Luxemburg gefährdet, müsste die Regierung mit einer Stärkung und adäquaten Reformierung der öffentlichen Schule reagieren.
Mitgeteilt vom OGBL-Syndikat Erziehung und Wissenschaft (SEW), am 14. Juli 2025
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