AUF DEN PUNKT GEBRACHT

Eine etwas andere „rentrée syndicale“

Back_Nora_ok_ok_11_gris2Es ist Herbst. Der vielerwartete Herbst mit seinem „Neustart“ soll jetzt stattfinden. Doch auch wenn wir vor dem Sommer noch erwartet hatten, dass die „rentrée“ dieses Jahr ein Neuanfang bedeute, müssen wir feststellen, die Covid-Pandemie ist noch nicht beseitigt.

Sowohl sanitär, als auch wirtschaftlich, und auf sozialer Ebene sind wir noch nicht aus der Krise. Wir müssen wohl oder übel lernen mit dem SARS-Covid19 zu leben und den Weg in eine gewisse Normalität wieder zu finden.

Und dieser Weg wird kein leichter sein. Er wird auch nicht ohne den OGBL gangbar sein. Ganz im Gegenteil. Wenn wir politisch, ökonomisch und sozial einen Weg finden wollen für unser Land, geht das nur im „miteinander“, im Sozialdialog zwischen den führenden Kräften, der Regierung, dem Patronat und dem Salariat.

Deswegen appelliert der OGBL ein weiteres Mal an die beiden anderen Akteure sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, in Form der altbewährten Methode, in der „Tripartite“.

Die Neugestaltung der Arbeitswelt nach dem Covid-Ausnahmezustand der vergangenen Monate kann nur auf sozial gerechte Art und Weise passieren. Um weitere Ungleichheiten in unserer Gesellschaft zu verhindern, um große soziale Frakturen zu vermeiden, um Lösungen zu finden die von allen Seiten getragen werden, um real die Wirtschaft wieder anzukurbeln und Arbeitnehmern und ihren Familien eine Zukunft zu bieten.

Der OGBL sieht einen Weg aus dieser Krise – UNSER gemeinsamer Weg aus der Krise. Dieser bedeutet Beschäftigung für Jeden. Kaufkraft für Jeden. Ein Recht auf Wohnen für Jeden. Steuergerechtigkeit für Jeden. Und eine starke Sozialversicherung für Jeden.

In jedem dieser Bereiche haben wir Visionen und Forderungen. Am aktuellsten ist jedoch mit Sicherheit das Thema Wohnungs-notstand. Nicht nur weil zwei Gesetzesprojekte auf dem Instanzenweg sind, die die Situation mit Sicherheit nicht verbessern. Nicht nur weil die Wohnsituation Luxemburgs zusehends brisanter wird. Nicht nur weil die Miet- und Wohnpreise auch nach der Coronakrise exponentiell steigen. Sondern auch weil dieser Notstand mittlerweile bei jedem angekommen ist. Bewohner Luxemburgs und der Grenzregion beginnen sich zu wehren. Wut und Frustration zu diesem Thema sind so hoch wie nie in der Zivilgesellschaft. Menschen unterschiedlichster Herkunft, politischer Zugehörigkeit, und sozialen Verhältnissen versammeln sich, bilden Vereine, solidarisieren sich, protestieren, stehen auf, manifestieren!

Und der OGBL ist ein Teil davon. Am 10. Oktober hat eine erste Demonstration in Luxemburg Stadt stattgefunden. Und es wird weitergehen.

Diese Bewegung ist nicht mehr zu stoppen. Die Wohnungskrise macht wütend. Weil sie eben nicht wie die Covidkrise, oder die Finanzkrise 2008 von außen auf unser Land eingebrochen ist. Nein, sie ist einzig und allein hausgemacht.

Die Verantwortung für diese Krise liegt nicht zuletzt bei der Politik, bei den aufeinanderfolgenden Regierungen, die eine nach der anderen nichts gegen das Problem unternommen haben. Als ob der Boden, auf dem gebaut wird, eine Ware wäre, unbegrenzt reproduzierbar, haben sie den freien Markt der Konkurrenz über Jahrzehnte walten lassen.

So hat sich Jahr für Jahr eine Preisspirale aufgebaut, die die Schere zwischen Wohnungspreisen und Einkommensentwicklung der Menschen immer größer gemacht hat. Es wurde nichts unternommen gegen die Jagd nach Rendite und Spekulation. Im Gegenteil, skandalöserweise wurden immer weiter Steuererleichterungen und sogar Steuerbefreiungen für die Superreichen eingeführt.

Es ist vorbei mit dem Nichthandeln. Es wird nicht mehr akzeptiert, dass die Mehrheit der Bevölkerung sich sein Leben lang verschuldet um ein Dach über dem Kopf zu haben, während ein paar Wenige sich ständig bereichern anhand der Immobilienspekulation.

Diese Krise trifft zehntausende Haushalte. Sie entnimmt immer mehr Menschen das Grundrecht auf Wohnen. Diese Krise muss ab sofort gestoppt werden.

Dies verlangt von der Regierung tiefgreifende Antikrisenmaßnahmen. Dies ist der Weg aus der Krise. Dies ist der Auftrag vom OGBL an die Regierung.

Für unser Grundrecht auf Wohnen, für erschwingbaren Wohnraum, für einen dynamischen Wohnungsbau in öffentlicher Hand. Für unsere Kaufkraft und für den sozialen Zusammenhalt in Luxemburg.

Nora Back, Präsidentin des OGBL
Oktober 2020