Neuorganisation des Strafregisters

Verletzung des Anspruchs der Arbeitnehmer auf Respekt ihres Privatlebens?

Im Rahmen der Umsetzung des Gesetzes vom 29. März 2013 bezüglich der Organisation der Justiz und des Informationsaustauschs über die Auszüge des Strafregisters zwischen den EU-Mitgliedstaaten, wurde das Strafregister in Luxemburg neuorganisiert.

Einerseits ist die Abschaffung des früheren Zeugnisses Nr. 3 und dessen Integrierung in das Zeugnis Nr. 2, andrerseits ist die Tatsache, dass der Arbeitgeber das bedingungslose Recht bekommt, vom Arbeitnehmer oder vom Bewerber auf eine Arbeitsstelle, einen Auszug aus seinem Strafregister zu verlangen, problematisch. Der OGBL stellt sich nun die Frage, ob diese Situation nicht in einigen Fällen zu einer Verletzung des Anspruchs auf Respekt des Privatlebens und des Datenschutzes der Arbeitnehmer/Bewerber führen kann, umso mehr als die Informationen im Zeugnis Nr. 2 nicht unbedingt in Verbindung stehen mit den beruflichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers/Bewerbers.

Im alten System, wenn der Arbeitgeber ausnahmsweise das Recht bekam, einen Auszug aus dem Strafregister des Arbeitnehmers oder des Bewerbers zu verlangen, bekam er das Zeugnis Nr. 3, d.h. das Zeugnis, das über die Verurteilungen wegen schwerer Verbrechen oder Straftaten informiert.

Bedingungsloses Recht der Arbeitgeber

Das neue Gesetz gibt nun den Arbeitgebern das bedingungslose Recht „im Rahmen der Personalverwaltung und Einstellung von Arbeitskräften von der betroffenen Person einen Auszug aus dem Strafregister zu verlangen…“. Es handelt sich eigentlich um das Zeugnis Nr. 2, das die Verurteilungen dieser Person betrifft, inklusive die Entscheidungen betreffend polizeiliche Verurteilungen, ausgenommen Verurteilungen zu Freiheitsstrafen, die zur Bewährung von weniger als sechs Monaten ausgesetzt sind. In anderen Worten sind alle möglichen Verurteilungen einer bestimmten Person, einschließlich die zu einer Bewährung von mehr als sechs Monaten ausgesetzten Freiheitsstrafen auf dem Auszug aus dem Strafregister vermerkt und vom Arbeitgeber verwertbar, nicht nur bei der Einstellung, sondern auch im Rahmen der „Personalverwaltung“, was wahrscheinlich soviel heißt wie während der gesamten Laufbahn des Arbeitnehmers in der Firma.

Falls es keinen Eintrag im Strafregister gibt, so steht auf dem Auszug „néant“.

Vergehen gegen die Straßenverkehrsordnung

Was die Vergehen gegen die Straßenverkehrsordnung angeht, so sind sämtliche Verurteilungen auf dem Zeugnis Nr. 2 vermerkt, mit Ausnahme der Strafzettel für Falschparken und der Bewährungsstrafen von weniger als sechs Monaten. Jedoch ist es in Luxemburg so, dass zahlreiche Vergehen gegen die Straßenverkehrsordnung Strafen von mehr als sechs Monaten, sprich bis zu drei Jahren nach sich ziehen können. So kommt es, dass eine Gefängnisstrafe von mehr als sechs Monaten, mit oder ohne Bewährung, in Luxemburg relativ häufig ist.

Der OGBL hat um eine Unterredung mit dem Justizminister gebeten

Der OGBL vertritt die Meinung, dass durch die Abschaffung des Zeugnisses Nr. 3 zugunsten des Zeugnisses Nr. 2 und dadurch, dass jeder Arbeitgeber – unabhängig von seinem Tätigkeitsfeld – das allgemeine Recht erhält, das Zeugnis Nr. 2 von einem Arbeitnehmer oder dem Bewerber für einen Arbeitsplatz in seiner Firma zu verlangen, das Gesetz von 2013 möglicherweise folgende Prinzipien missachten könnte:

  • Das Recht auf Achtung des Privatlebens, insofern der Arbeitgeber die Vorgeschichte der betroffenen Person, die in keinem Zusammenhang mit der ausgeübten oder auszuübenden Arbeit steht, erfahren wird;
  • Das Recht auf privaten Datenschutz;
  • Das Recht auf Arbeit, das verlorengeht (dies gilt umso mehr für ehemalige Häftlinge die versuchen, sich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren).

Darüber hinaus benachteiligt diese Situation ganz klar die in Luxemburg ansässigen Arbeitnehmer gegenüber ihren Grenzgängerkollegen, vor allem aus Frankreich und aus Deutschland, deren Auszug aus dem Strafregister nicht alle Verstöße, die im luxemburgischen Strafregister vermerkt sind, aufzählt.

Aus all diesen Gründen hat der OGBL um eine Unterredung mit dem Justizminister Felix Braz gebeten, um über diese Problematik zu diskutieren, die zur Einstellungsbremse werden kann und zu Druck und Missbrauch im Rahmen der Personalverwaltung in den Unternehmen führen kann.

Mitgeteilt vom OGBL
am 11. März 2014