Programmatische Resolution, die der 7. Ordentliche OGBL-Kongress am 6. Dezember 2014 verabschiedet hat

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7. / XXXII. KONGRESS DES OGBL, 5-6. 12. 2014

1. Für eine Wirtschaftsordnung im Dienste des Menschen
1.1. Mehr Steuergerechtigkeit ist nötig
1.2. Öffentliche Investitionspolitik aus Sicht des OGBL und der europäischen Gewerkschaften
Ein Investionsprogramm um Stagnation und Deflation abzuwehren
1.3. Das internationale Finanzwesen

2. Europäische Herausforderungen
Ausbau und Schutz der Arbeitnehmerrechte
Einführung eines europäischen Mindestlohns
Klare und faire Regeln für den europäischen Arbeitsmarkt
Für eine europäische Industriepolitik
Für eine fortschrittliche Reform der Arbeitszeitdirektive
Für den Erhalt und Ausbau des EURES-Netzes
Sozialunion statt Wettbewerbsunion

3. Die Zusammenarbeit in der Großregion

4. Der Klimaschutz ist eine Notwendigkeit
Für die Umsetzung einer nationalen Energiestrategie

5. Die Demokratisierung der Arbeitswelt voranbringen
5.1. Mitbestimmung im Betrieb
5.2. Sozialer Dialog auf nationaler Ebene

6. Für eine offensive und kontinuierliche Tarifpolitik
Der Mindestlohn darf nicht in Frage gestellt werden
Für den Index
Die Tarifpolitik des OGBL
Für eine Erhöhung der Kollektivvertragsdichte

7. Arbeitszeit ist Lebenszeit

8. Arbeitslosigkeit und Vollbeschäftigung
8.1. Wieder zur Vollbeschäftigung gelangen
8.2. Die berufliche Weiterbildung – ein unabdingbarer Bestandteil der Arbeitsplatzsicherung
8.3. Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit fängt mit dem Schutz der Arbeitsplätze an
Verstärkung des Schutzes gegen wirtschaftlich bedingte Entlassungen
Die Politik im Bereich des Beschäftigungserhalts stärken
Den Schutz im Konkursfall verbessern
8.4. Spezifische Schutzmaßnahmen für ältere Arbeitnehmer vorsehen
Aktionsplan zugunsten der älteren Arbeitnehmer
Teilzeitarbeit und Teilrente kombinieren
Für ein an Bedingungen gebundenes Recht der Arbeitszeitverkürzung
Frühverrentung ist Teil der Arbeitsmarktpolitik
8.5. Ein guter Start ins Leben setzt eine angemessene Arbeit für die Jugendlichen voraus
8.6. Das Konjunkturkomitee muss über neue Mittel verfügen
8.7. Die Situation der Arbeitsuchenden verbessern
Der Vorrang bei der Wiederbesetzung muss eine wirkliche Garantie werden
Beihilfen zur Wiedereinstellung : Nicht den Arbeitnehmer bestrafen, sondern den Arbeitgeber, der das Instrument missbraucht

9. Die Gleichstellung von Mann und Frau darf kein Lippenbekenntnis sein

10. Für die Integration von behinderten Menschen in den Arbeitsprozess

11. Schutz der Privatsphäre – auch im Betrieb

12. Für das öffentliche System der Sozialen Sicherheit
Ein positiver Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung
Ein kategorisches Nein zur Privatisierung !
12.1. Die Überlegenheit des öffentlichen Pensionssystems
Bilanz der Pensionsreform
12.2. Die Gesundheitsversorgung
Den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung garantieren
Der Finanzbedarf für die Gesundheitsversorgung wird weiter wachsen
Ein qualitativ hochwertiges und umfassendes Leistungsangebot
Für die obligatorische Konventionierung
Die Gesundheitsdienste dürfen nicht der Marktliberalisierung unterworfen werden
Umweltmedizin, alternative und anerkannte Heilmethoden
Präventivmedizin
12.3. Arbeitsmedizinische Dienster
12.4. Pflegeversicherung
12.5. Unfallversicherung

13. Sozialleistungen
13.1. Für eine Anpassung der Familienleistungen und eine Reform der Gesetzgebung zu den Dienstleistungsschecks
13.2. Die Reform der Studienbörsen muss überarbeitet werden
13.3. Der Elternurlaub muss attraktiv sein – für beide Eltern
13.4. Die Einführung eines generellen Sozialurlaubs ist notwendig
13.5. Die Qualität im Sozialsektor absichern

14. Das Bildungswesen – ein Ganzes vom Précoce zur Hochschule
Die Grundschulreform muss überarbeitet werden
Die Reform der Berufsausbildung muss revidiert werden
Das Sprachenproblem angehen
Hochschulwesen und Forschung

15. Mobilität und öffentlicher Transport

16. Menschenwürdiges Wohnen ist ein Grundrecht
Für ein integriertes Wohnen

17. Aktive Politik des 3. Und 4. Alters
Hoher Rat der älteren Menschen

18. Immigration – eine Grundlage unseres Wohlstands

 

1. Für eine Wirtschaftsordnung im Dienste des Menschen

[1]

Ein sozial fortschrittliches Wirtschaftssystem muss sich daran messen lassen, wie gerecht der geschaffene Reichtum verteilt wird. Blickt man auf die letzten Jahrzehnte zurück, muss man jedoch feststellen, dass die soziale Ungleichheit stark angewachsen ist.

In fast allen industrialisierten Ländern ist der Anteil des einkommensstärksten Prozents der Bevölkerung am Gesamteinkommen seit Anfang der 1980er Jahre immer weiter angestiegen. Inmitten der Krise erreichte die weltweite Vermögensentwicklung jüngst neue Gipfel [2].

Ogbl_kongress_06122014_0302Dieser enormen Vermögenskonzentration steht gegenüber, dass parallel dazu in den letzten Jahren Deregulierungen, Liberalisierungen, Privatisierungen, Abbau von Sozialleistungen, wachsender Druck auf die Löhne und Aufweichung des Arbeitsrechts zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Lebensqualität für die Mehrheit der europäischen Bevölkerungen geführt haben.

Die gerechte Verteilung des Reichtums ist nicht nur eine moralische Frage. Eine starke Ungleichheit der Einkommen und Vermögen wirkt sich auch negativ auf das Wachstum der Nachfrage an Gütern und Dienstleistungen und insgesamt auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung aus. Wie die Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen UNCTAD betont [3], schränkt die weltweite Ungleichheit auch Bildungschancen und soziale Mobilität breiter Bevölkerungsschichten ein. Sie steht im direkten Gegensatz zu den von den Vereinten Nationen festgelegten Milleniumszielen für die Armutsbekämpfung.

Eine fortschrittliche und moderne  Wirtschaftspolitik muss den Menschen und  seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen und Chancengleichheit garantieren. Alle Menschen müssen Zugang zu Bildung, Kultur und materieller Absicherung haben. Das soziale Netz muss eng geknüpft sein. Deshalb muss der Staat handlungsfähig und finanzstark sein. Er darf sich nicht den Profitinteressen einiger weniger unterordnen, sondern muss das Wohl aller anstreben.

Der OGBL setzt sich für ein solidarisches, gerechtes Gesellschaftsmodell ein. Der Neoliberalismus ist das genaue Gegenteil und hat eigentlich längst ausgedient. Er hat sich als unfähig erwiesen den großen Herausforderungen zu begegnen und bereichert eine kleine Minorität auf Kosten der Allgemeinheit. Wir brauchen keine weitere Umverteilung von unten nach oben, sondern einen gezielten Abbau der Vermögenskonzentration und eine gerechte Verteilung des geschaffenen Reichtums zwischen Arbeit und Kapital. Der von den Arbeitnehmern geschaffene Mehrwert soll nicht zu Spekulationszwecken oder zur Erhöhung der Dividenden der Aktionäre, sondern für produktive Investitionen genutzt werden.

1.1. Mehr Steuergerechtigkeit ist nötig

Die Gründe für die zunehmende globale Vermögenskonzentration sind, neben der Entwicklung bei der primären Verteilung zwischen Arbeit und Kapital und den Lohnverhältnissen, die weltweit vorgenommenen Änderungen in der Steuergesetzgebung, die vor allem den einkommensstärksten Schichten zu Gute kamen [4]. Zusätzlich wurden auch andere Steuern gesenkt oder abgeschafft, die vor allem einkommensstarke Personen betreffen, etwa im Bereich der Vermögens- und Kapitalbesteuerung.

Die gleiche Entwicklung ist auch in Luxemburg feststellbar. Aufgrund der Absenkung des Spitzensteuersatzes (von 58,4% 1981 auf 39% im Jahr 2010), der Abschaffung der Vermögenssteuer (z.B. Im Jahre 2003 beliefen sich die Einnahmen aus der Vermögenssteuer auf 185 Millionen Euro) [5]  und der Nichtanpassung der Steuertabellen hat sich die Steuerlast zunehmend auf die mittleren Einkommensschichten verlagert. Zugleich ist der Anteil von indirekten Steuern, insbesondere der sozial regressiven Mehrwertsteuer, am Gesamtsteueraufkommen kontinuierlich gewachsen (von 10,7% 1980 auf 16,7% im Jahr 2011 [6]).

Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden durch eine stärkere Progression der Besteuerung im Sinne einer höheren Belastung der wirklichen Spitzeneinkommen. Die Lohn- und Einkommensteuertabellen müssen wieder regelmäßig an die Preisinflation angepasst werden. Der OGBL ist der Auffassung, dass es nicht akzeptabel ist, dass sich die Besitzer großer Vermögen immer weniger an der Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben beteiligen.

Die pauschale Besteuerung des Ertrags des Kapitals behebt nicht die ungerechte steuerliche Behandlung zwischen Arbeit und Kapital.

Kapitaleinkünfte müssen stärker besteuert werden, die Vermögenssteuer muss wieder eingeführt werden und die europäische Finanztransaktionssteuer muss kommen. Auch eine stärkere Besteuerung von hohen Erbschaften muss ins Auge gefasst werden. Die daraus resultierenden Mehreinnahmen werden dem Staat erlauben, auch weiterhin die von ihm eingegangenen Verpflichtungen im Sozialbereich zu erfüllen und von Verschlechterungen zu Lasten der Familien Abstand zu nehmen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer oder anderer indirekter und nicht progressiver Steuern ist der falsche Weg, da gerade sie Haushalte mit niedrigem Einkommen am meisten belastet.

Außerdem muss eine Diskussion über eine effizientere Gewinnbesteuerung der Betriebe vorbereitet werden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden für Konzerne und andere Großbetriebe so viele Steuerschlupflöcher geschaffen, dass sie kaum noch Steuern zahlen. Diese Schlupflöcher müssen gestopft werden! Für den OGBL ist es des Weiteren sinnvoll über Modelle der Betriebsbesteuerung nachzudenken, die sich stärker an den Kriterien des sozialen und ökologisch verantwortungsvollen Handelns der Betriebe orientieren.

Dem Steueramt müssen die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um effizienter gegen Steuerhinterziehung vorzugehen, da z.B. mit der Abschaffung der Vermögenssteuer gleichzeitig ein wichtiges Kontrollinstrument zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung entfiel.

Daneben muss sich Luxemburg dafür einsetzen, dass der ruinöse Steuerwettbewerb auf den Betriebssteuern zwischen den europäischen Ländern beendet wird.

Die europäischen Staaten müssen handlungsfähig bleiben, um die wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung abzusichern. Dies setzt eine Stärkung der staatlichen Einnahmen voraus. Aus diesem Grund muss sich die EU auch für die weltweite Stilllegung von Finanz- und Steueroasen einsetzen, da diese die Steuerbasis für ein soziales Europa schwächen.

Bezüglich der von der Regierung angekündigten umfassenden Steuerreform, fordert der OGBL in die Diskussionen mit eingebunden zu werden. Um sicher zu stellen, dass die Diskussionen in voller Transparenz und mit der nötigen Sachkenntnis geführt werden, muss zuvor ein klares Bild über die Struktur, den Anteil der verschiedenen Elemente der Besteuerung und die reale steuerliche Situation in Luxemburg allgemein, auf den Tisch gelegt werden.

1.2. Öffentliche Investitionspolitik aus Sicht des OGBL und der europäischen Gewerkschaften

Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass eine antizyklische Investitionspolitik gute Resultate erbringen kann. Seit 2010 hat die Europäische Union eine deutliche Kehrtwende eingelegt und den Schwerpunkt einseitig auf die Senkung von Haushaltsdefiziten und Schuldenabbau gelegt, dies zu Lasten der Bevölkerung und mit dem Resultat einer andauernden Verlängerung und Vertiefung der Wirtschaftskrise.

Das Spardiktat aus Brüssel und Berlin hat in einigen Ländern der Euro-Zone zu dramatischen Einbrüchen geführt. In Griechenland und Spanien ist jeder zweite Jugendliche mittlerweile arbeitslos. Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit breiten sich aus. Lokale Märkte brechen zusammen, Investitionen werden zurückgefahren, gut bezahlte und hochwertige Jobs werden dort rar.

Nichtsdestotrotz haben die politisch Verantwortlichen diese Politik durch eine Reihe von aufeinanderfolgenden Entscheidungen  – „Six-Pack“, neue Prozedur des „europäischen Semesters“, Euro-Plus-Pakt, „Two-Pack“, Fiskalpakt – vertraglich festgeschrieben und zementiert.  In der luxemburgischen Abgeordnetenkammer, wie in den übrigen nationalen Parlamenten wurden diese Verträge, obwohl sie letzten Endes einen fundamentalen Einschnitt in die parlamentarische Haushaltshoheit bedeuteten, trotz aller Kritik seitens der europäischen Gewerkschaften, mit großer Mehrheit  angenommen. Die wirtschaftliche Entwicklung seither hat aber gezeigt, dass die Gewerkschaften in ihrer Kritik richtig lagen.

Der Rückgang der öffentlichen Investitionen, der Abbau von öffentlichen Dienstleistungen, der von der europäischen Kommission forcierte Druck auf Löhne und Sozialsysteme haben zum Resultat, dass die Kaufkraft stagniert oder gar fällt, die Wirtschaft kaum noch wächst und Kredite nicht mehr bedient werden, während dessen das Finanzsystem weiter instabil bleibt und die Steuereinnahmen in vielen Ländern aufgrund der schwachen Konjunktur zurückgehen, also noch nicht einmal das Ziel einer Reduzierung der Haushaltsdefizite erreicht wird. Europa steht vor der Bedrohung einer lang andauernden Stagnation und Deflation. Selbst Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) warnen mittlerweile vor den negativen Folgen des harten Sparkurses.

Ein Investitionsprogramm um Stagnation und Deflation abzuwehren

Vor diesem Hintergrund und um die Konjunktur in Europa wieder zu beleben, fordert der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) ein massives Investitionsprogramm, das eine zukunftsweisende Alternative zur Austeritätspolitik der EU darstellt.

Das vom EGB vorgeschlagene Programm zielt darauf ab, Grundlagen für den nachhaltigen Ausstieg aus der Krise und die wirtschaftliche Entwicklung Europas zu legen. Die grundlegende Idee des EGB ist folgende: Das, ohnehin vorhandene private Kapital, das nach sicheren Anlagemöglichkeiten sucht, soll in die Realwirtschaft umgeleitet werden. Die Investitionen sollen in Zukunftsbereiche wie nachhaltige Energieproduktion und Energieeffizienz, moderne Verkehrsinfrastruktur, Erneuerung der industriellen Basis, altersgerechter Umbau der öffentlichen Infrastruktur, Bildung und Ausbildung und in den sozialen Wohnungsbau fließen.

Luxemburg ist keine Insel, deshalb muss es sich auch in Brüssel für eine fortschrittliche europäische Wirtschaftspolitik einsetzen. Im Moment beschränkt sich die luxemburgische Regierung darauf, europäische Vorgaben nahezu kritiklos in Luxemburg umzusetzen. Der OGBL teilt nicht die Illusion zu glauben, dass ein ausgeglichener Staatshaushalt aus sich heraus für eine florierende Wirtschaft sorgt, die Arbeitsplätze schafft. Anstatt nur aufs Sparen zu setzen, sollte die Regierung verstärkt Investitionen zugunsten der Stärkung der Kaufkraft, des Erhalts von Arbeitsplätzen, des Ausbaus von Infrastrukturen und der Schaffung von Beschäftigung in sozial und ökologisch sinnvollen Bereichen vorsehen. Auf europäischer Ebene sollte sie sich klar für eine Revision der bestehenden Verträge einsetzen, um sich den notwendigen haushaltspolitischen Spielraum zu verschaffen.

1.3. Das internationale Finanzwesen

Ogbl_kongress_06122014_0324Die Finanzkrise hat gezeigt, dass der Weg der Deregulierung und die Aufgabe aller Kontrollen der Finanzströme der falsche war.

Noch immer werden diejenigen zur Kasse gebeten, die keinerlei Schuld an der Krise von 2008 haben. In den vergangenen Jahren wurde von den europäischen Regierungen viel versprochen, aber viel zu wenig ist getan worden, um zu verhindern, dass sich eine solche verheerende Krise wiederholen kann. Laut einigen Analysten stehen bereits neue Spekulationsblasen kurz vor dem Platzen.

Für den OGBL gilt die Prämisse, dass die internationalen Finanz- und Kreditaktivitäten in den Dienst der globalen sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit gestellt werden müssen: der Mensch und seine Umwelt kommen vor dem wirtschaftlichen Profit.

Finanzgeschäfte und -produkte, die konträr zu den Interessen der Allgemeinheit und der Länder sind, müssen entschieden zurückgedrängt werden. Die bisher vorgeschlagenen Maßnahmen stellen zwar einen Fortschritt dar, gehen aber noch nicht weit genug. Es hat sich gezeigt, dass die EU in der Frage der Bankenkontrolle noch zögerlicher vorgeht als die USA.

Spekulationsgeschäfte mit natürlichen Ressourcen und Nahrungsmittel werden vom OGBL abgelehnt. Das Allgemeininteresse der Völkergemeinschaft darf nicht dem Diktat der Profitmaximierung unterworfen werden.

An seine Stelle muss ein internationales Kreditwesen treten, das der Entwicklung der realen Wirtschaft dient, eine gerechtere Kreditvergabe an die Entwicklungsländer garantiert, und das die privaten Haushalte vor Wucherkrediten schützt. Ein solcher fortschrittlicher Umbau des internationalen Finanzsystems beinhaltet auch eine Diskussion über mögliche Beschränkungen und Begrenzungen der ungerechtfertigt hohen Einkommen von Finanzmanagern und -händlern.

 

2. Europäische Herausforderungen

Für den OGBL führt kein Weg an einem solidarischen, fairen, auf sozialen Fortschritt für Alle ausgelegtem Europa vorbei.

Leider hat sich Europa in den letzten Jahren vor allem durch eine falsche Politik der Regierungen und der europäischen Kommission ausgezeichnet. Unter dem Vorwand Europa wettbewerbsfähiger zu machen, sind Arbeitnehmerrechte abgebaut worden. Parallel dazu ist die Arbeitslosigkeit immer weiter gestiegen, wobei besonders die Jugend, aber auch ältere Arbeitnehmer betroffen sind.

Diese Situation hat zu einer Vertrauenskrise in Europa geführt. Um dieses Vertrauen wieder zu finden, müssen alle europäischen Institutionen, Parlament, Rat und Kommission, und die nationalen Regierungen endlich einen klaren Politikwechsel durchführen.

Zusammen mit anderen europäischen Gewerkschaften hat der OGBL folgende Prioritäten ausgemacht:

Ausbau und Schutz der Arbeitnehmerrechte

– Die Tarifautonomie darf nicht in Frage gestellt werden. Der OGBL und der EGB wenden sich strikt gegen Eingriffe der europäischen Kommission und des europäischen Rats im Rahmen der Prozedur des sogenannten „europäischen Semesters“ in die nationalen Systeme der Lohngestaltung.

– Getroffene Vereinbarungen zwischen Unternehmerverbänden und Gewerkschaften im Rahmen des europäischen Sozialdialogs dürfen von der Kommission nicht ignoriert und müssen in verbindliche Richtlinien umgewandelt werden.

– Gegen eine Infragestellung von Arbeitnehmerrechten im Rahmen des REFIT-Programms. Dieses soll eigentlich zu einer Vereinfachung der Rechtsvorschriften und zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes führen. Jedoch sieht die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang ebenfalls vor, u. a. auch die Richtlinien über Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, über Leiharbeit, Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge  einem „Fitness-Check“ zu unterziehen. Der OGBL spricht sich klar gegen eine solche Evaluierung und Infragestellung wichtiger Direktiven aus. Arbeitnehmerrechte sind nicht verhandelbar.

– Ausbau des europäischen Datenschutzes im Sinne der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten.

– Zurückdrängung von prekären Beschäftigungsverhältnissen in Europa.

– Verbesserungen im Bereich der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.

– Ausbau der Arbeitnehmermitbestimmung und der gewerkschaftlichen Rechte auf europäischer Ebene.  Gerade im Zusammenhang von Konzentrations- und Fusionsprozessen, Standortkonkurrenz, Delokalisierungen, sowie der wachsenden Bedeutung der arbeits- und sozialrechtlichen europäischen Vorschriften ist die Stärkung der Mitbestimmungs- und Verhandlungsrechte der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften ein wichtiges Feld.

Einführung eines europäischen Mindestlohns

Europa braucht ein starkes sozialpolitisches Signal. Die Einführung eines europäischen Mindestlohns könnte ein solches Signal sein.

Ein einheitlicher Mindestlohn im Sinne eines gleich hohen Mindestbetrages für alle europäischen Länder ist angesichts der unterschiedlichen Lebensverhältnisse und ökonomischen Entwicklungsstände der einzelnen europäischen Staaten hier nicht gemeint. Der Mindestlohn muss sich über der jeweiligen nationalen Armutsgrenze situieren und regelmäßig an die allgemeine Lohn- und Preisentwicklung angepasst werden.

Klare und faire Regeln für den europäischen Arbeitsmarkt

Die europäische Entsenderichtlinie muss verbessert werden. Sie muss wieder klar als Mindeststandard gelten. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort muss in Europa eine Selbstverständlichkeit sein, das ursprüngliche Prinzip des Vorrangs der am Einsatzort geltenden tarifvertraglichen und arbeitsrechtlichen Vorschriften muss gefestigt werden. Außerdem müssen Kontrollmöglichkeiten ausgebaut werden, jedoch im nationalen Zuständigkeitsbereich bleiben.  Verstöße gegen die Rechte mobiler Arbeitnehmer müssen viel härter bestraft werden. Sichergestellt werden muss auch, dass Unternehmen gesamtschuldnerisch haften müssen, damit sie sich nicht hinter Sub-Unternehmensketten verstecken können. Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen im Sozialrecht, die zu einem konkurrenzverzerrenden Sozialdumping geführt haben, müssen abgeschafft werden.

Für eine europäische Industriepolitik

Trotz aller internationalen Fusions- und Konzentrationstendenzen und Verlagerung der wirtschaftlichen Entscheidungszentren in der Industrie bleibt die Industriepolitik weiterhin fast ausschließlich national bestimmt (von einigen vorsichtigen Anläufen in der Stahlindustrie einmal abgesehen). Dies muss sich ändern und eine koordinierte Politik für den Erhalt von qualitativ hochwertigen und produktiven Industriestandorten in Europa in die Wege geleitet werden.  Damit eine solche europäische Industriepolitik möglichst hohe Erfolgs- und Umsetzungsaussichten hat, muss sie einer Reihe Herausforderungen begegnen und verschiedene maßgebliche Grundausrichtungen beachten:

  • sie muss den katastrophalen Auswirkungen sowohl der Finanzkrise als auch der derzeit geführten Austeritätspolitiken auf die Realwirtschaft ein rasches Ende bereiten,
  • sie muss den Industriesektor dazu bringen, die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu beschleunigen und eine gerechte Transition hin zu einer karbonarmen Wirtschaft absichern,
  • sie muss darauf achten, eine wirkliche unterstützende Politik umzusetzen, die erlauben wird, die Industrie in Europa zu stärken und eine aktive Industriepolitik zu begünstigen. Eine solche aktive Industriepolitik muss prioritär darauf abzielen, die bestehenden Instrumente zugunsten horizontaler Politiken (Beschäftigung, Steuerpolitik, Forschung und Entwicklung, Innovation, Ausbildung, usw….) weiter zu entwickeln.

Die Zukunft der Industrie ist eng verbunden mit der ökologischen Modernisierung, der energetischen Effizienz und der Reduzierung der Rohstoffabhängigkeit. Eine solche Reduktion muss auf dem Produktionsverlauf, der umweltgerechten Gestaltung, dem Recycling sowie der Kreislaufwirtsschaft (in der abgelaufene, fehlerhafte oder nicht verkaufte oder Produkte in neuen Produkten wiederverwertet werden) beruhen.

Jegliche Investition in die verarbeitende Industrie in Europa muss in einem klaren Rahmen abgewickelt werden, der absichert, dass sich die verarbeitende Industrie in Zukunft nicht auf Forschung und Entwicklung beschränkt, sondern deren Resultate auf lokaler Ebene in die Praxis umsetzt. Dies muss sich selbstverständlich und naturgemäß in der Herstellung neuer Produkte sowie der Ansiedlung von neuen Produktionseinheiten ausdrücken.

Die Entwicklung der Tätigkeiten im Bereich Forschung und Entwicklung sowie die Nutzung von (neuen) Spitzentechnologien hat den Bedarf an qualifizierten und hochqualifizierten Arbeitskräften stark erhöht. Unter anderem aus diesem Grund muss die Perspektive des Abbaus, der Umwandlung und der Schaffung von Arbeitsplätzen ein zentrales Thema der Bildungs-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik auf europäischer und nationaler Ebene werden. Rechtzeitig die berufliche Transition und Qualifikation der Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze auf Dauer gefährdet sind, zu planen und zu organisieren ist eines der wichtigsten sozialen Elemente, die bei jeder wirtschaftlichen Restrukturierung oder Umwandlung berücksichtigt werden muss.

Hierzu müssen die Politiken zur Beschäftigungsförderung und die Ausbildungsmöglichkeiten für die jungen und älteren Arbeitnehmer in der Industrie angepasst werden, sowohl durch die Einführung von Professionalisierungsperioden (die es dem Arbeitnehmer erlauben, seine beruflichen Kompetenzen weiter zu entwickeln und neue Kompetenzen zu erlangen) als auch durch die Förderung des „work based learning“ im Industriesektor (wie dies der Wirtschafts- und Sozialrat in seiner Stellungnahme vom 6. Juni 2014 über die „mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Perspektiven auf Sektorebene im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung“ vorschlägt). Die industrielle Ausbildung und die Schaffung von sektoriellen Ausbildungszentren, die für alle Arbeitnehmer des Industriesektors zugänglich sind, werden ein Schlüsselelement dieser neuen Beschäftigungspolitik sein.

Die Festlegung von europäischen Qualitäts-, Sozial- und Sicherheitsnormen in Verbindung mit starken Umweltstandards könnte ein ernsthafter Wettbewerbsvorteil für die europäische Industrie darstellen. Um jeglicher Marktverfälschung, dem Dumpingrisiko und Standortverlagerungen in Länder oder Regionen mit weniger strikten Standards vorzubeugen, müssen Zolltarife eingeführt werden, die in vollem Umfang die Rolle eines Regulators an den Außengrenzen der Europäischen Union wahrnehmen können.

Neben den oben aufgezählten Elementen, muss Europa, und insbesondere Luxemburg, darauf achten, dem Sozialdialog eine zentrale Rolle zukommen zu lassen, insbesondere mittels der Einbindung der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften bei der praktischen Umsetzung dieser Industriepolitik.

 

Für eine fortschrittliche Reform der Arbeitszeitdirektive

Leider gab es in den vergangenen Jahren keinerlei Fortschritte bei den Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern über eine Revision der europäischen Arbeitszeitdirektive. Der OGBL fordert dementsprechend die politisch Verantwortlichen auf, eine positive Reform der Arbeitszeitdirektive zugunsten der Arbeitszeitinteressen der Arbeitnehmer und der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz in Angriff zu nehmen. Eine solche Reform muss vorsehen, dass die Möglichkeit des sogenannten „Opt-out“ durch einzelne Länder, die wöchentliche Arbeitszeiten von bis zu 65 Stunden erlauben, abgeschafft wird. Auch muss eine solche Reform die Urteile des europäischen Gerichtshofes in Sachen Bereitschaftsdienst respektieren.

Für den Erhalt und Ausbau des EURES-Netzes

Ein erster Versuch, ein Netzwerk (SEDOC – Système Européen de Diffusion des Offres et des demandes d’emploi enregistrées en Compensation internationale) zwischen den Arbeitsämtern aufzubauen, welches sich auf reine Arbeitsvermittlung beschränkte, wurde seinerzeit wegen Mangel an Effizienz aufgegeben. Mit der Einführung des europaweiten Netzwerkes EURES (EURopean Employment Service) in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, entstand ein europaweites grenzüberschreitendes Netzwerk, welches die Mobilität im Bereich des Arbeitsmarktes über die Grenzen hinweg fördert und wichtige Arbeit in Sachen Beratung und Information sowohl der Arbeitgeber als der Arbeitnehmer leistet. Zurzeit gibt es Bestrebungen das Wirkungsfeld dieses Netzwerkes wieder auf die reine Arbeitsvermittlung zu beschränken. In Anbetracht der großen Anzahl von Grenzgängern wendet sich der OGBL vehement gegen diese Vorhaben und setzt sich für den Erhalt dieses Netzwerkes in seiner gegenwärtigen Form ein.

Sozialunion anstatt Wettbewerbsunion

Der Pakt für Wettbewerbsfähigkeit in Europa ist ein klarer Angriff auf die Demokratie, den Sozialstaat und auf Gewerkschaftsrechte. Er stellt Wettbewerb um jeden Preis in den Mittelpunkt aller europäischen Politik. Doch soziale und ökologische Regeln dürfen nicht als Hindernisse für den Binnenmarkt angesehen werden, sondern gehören in den Mittelpunkt einer Politik, die für die Menschen gemacht wird. Sie müssen deshalb zum Maßstab einer gelungenen europäischen Integration werden. Der OGBL fordert dementsprechend die grundlegende Überarbeitung dieses Paktes und unterstützt die Forderung des Europäischen Gewerkschaftsbundes eines europäischen Sozialprotokolls, durch das der Vorrang von sozialen Grundrechten vor den wirtschaftlichen Freiheiten in der EU verbindlich festgeschrieben wird.

3. Die Zusammenarbeit in der Großregion

Ogbl_kongress_06122014_0364Der OGBL ist der Meinung, dass in einer Region, die über 210.000 Grenzgänger zählt, die gewerkschaftliche Zusammenarbeit von herausragender Bedeutung ist.

Auf der Ebene der Großregion müssen die verschiedenen Gewerkschaften zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass Arbeitnehmern beim Grenzübertritt Rechte vorenthalten werden. Nach wie vor gibt es Probleme, wenn der berufliche Werdegang in verschiedenen Ländern stattfindet. Ansprechpartner sind hier die politischen Instanzen, die in der Großregion zuständig sind. Ein geschlossenes Auftreten der Gewerkschaften auf dieser Ebene ist unabdingbar, um die Arbeitnehmerinteressen wirksam zu vertreten.

Auch gilt es Lohn- und Sozialdumping zu verhindern. In diesem Zusammenhang setzt sich der OGBL für Zusammenarbeit und Informationsaustausch auf der Tarifebene ein.

Letztendlich findet Europa auch in der Großregion statt. Die Beschlüsse und Vorgaben des EGB müssen auch auf der Ebene der Großregion umgesetzt werden.

Ogbl_kongress_06122014_0362Der OGBL fordert von der luxemburgischen Regierung eine Politik für die Förderung der transnationalen Kooperation in der Großregion, die sich nicht nur auf beschäftigungspolitische Aspekte (wie z.B. den Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsämtern, Beteiligung an der Finanzierung der Arbeitslosentenschädigung) begrenzt und diese erweitert, sondern die alle Bereiche einer gemeinsamen nachhaltigen Sozial- und Wirtschaftsentwicklung umfasst.

Ob bei wirtschaftlichen Clusterbildungen und Kooperationen, bei der Zusammenarbeit zwischen Universitäten, den Einrichtungen für Forschung und Entwicklung, bei der Entwicklung von Ausbildungssynergien, bei der Kooperation im Bereich der Gesundheitsversorgung oder bei der Koordination in den Bereichen des Transports, der Landesplanung und der Umwelt, bei der kooperativen Organisation der Kinderbetreuung und zuletzt bei der gemeinsamen Interessenswahrnehmung bei europäischen wirtschafts-, sozial- und umweltpolitischen Themen,  überall erweist sich die Zusammenarbeit in der Großregion als ein Instrument, das die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Potentiale und kritischen Massen wirkungsvoll ausnutzen kann.

Der OGBL wird sich weiterhin intensiv auf allen ihm zugänglichen Ebenen für die gemeinsame gesellschaftliche Entwicklung der Großregion einsetzen.

4. Der Klimaschutz ist eine Notwendigkeit

Angesichts der existentiellen Herausforderungen aufgrund des weltweiten Klimawandels unterstützt der OGBL die Forderungen des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) zur Ausarbeitung eines ehrgeizigen globalen Rahmenwerks für den Klimaschutz und gerechte Übergangsmaßnahmen hin zu einer emissionsarmen Wirtschaftsform.

Diese notwendige Umstellung wird aber umso schwieriger in der Bevölkerung zu vermitteln  und umzusetzen sein, je mehr die Diskussion sich ausschließlich auf zusätzliche „Belastungen“ und zu bringende „Opfer“ fokussiert. Die Herausforderung liegt vielmehr darin, wie diese Transition umgesetzt werden kann, ohne dass sie zu einem Verlust an Lebensstandard und Lebensqualität, zu neuen Ausgrenzungen und Ungerechtigkeiten führt. Die Erfahrung zeigt ohnehin (man vergleiche etwa die Opferzahlen von vergleichbaren Naturkatastrophen in Entwicklungsländern und industrialisierten Ländern), dass Wohlstand und soziale Sicherheit, wirtschaftliche und soziale Entwicklung eine Gesellschaft am besten ausrüsten, um den bevorstehenden klimatischen Änderungen und der möglichen Zunahme von extremen Wettersituationen begegnen zu können.

Der Erhalt der Kaufkraft ist zugleich auch eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Haushalte mit mittleren bis schwachen Einkommen überhaupt in der Lage sind, nachhaltig zu konsumieren und energieeinsparende Investitionen zu tätigen (z.B. Häusersanierung, energiearme Kühlschränke und andere Haushaltsgeräte…). In diesem Sinne können finanzielle oder steuerliche Anreize  durchaus eine positive Rolle zur Steuerung des Konsums in Richtung Nachhaltigkeit und Förderung energetischer Effizienz spielen. Man sollte allerdings darauf achten, dass diese Anreize so gestaltet sind, dass sie nicht von vornherein lediglich von besserverdienenden Haushalten in Anspruch genommen werden, die darüber hinaus auch noch längerfristig eine zusätzliche Kaufkraftsteigerung aufgrund der eingesparten Energieausgaben gegenüber den schwach bis mittel verdienenden Haushalten verzeichnen könnten. In diesem Fall würden diese Maßnahmen nicht für einen sozialen Ausgleich sorgen, sondern im Gegenteil soziale Ungleichgewichte verstärken. Folglich müsste nach Wegen gesucht werden, sowohl die soziale als auch die energetische Effizienz dieser Maßnahmen durch eine soziale Staffelung zu gewährleisten, zum Beispiel in Form der Degressivität von Prämien nach der Höhe des steuerpflichtigen Einkommens.

Der OGBL ist gegen eine ökologische Steuerreform, wenn sie in erster Linie daraus bestehen sollte, den Anteil von Konsumsteuern gegenüber der progressiven Einkommensbesteuerung zu erhöhen. Diese Fragen sollten im Rahmen einer allgemeinen Steuerreform diskutiert werden.

Auf europäischer bzw. internationaler Ebene unterstützt der OGBL die Forderung des Europäischen Gewerkschaftsbunds einer CO2-Steuer, welche Teil eines globalen umweltpolitischen Konzepts sein müsste und nicht primär einer Haushaltslogik verschrieben sein sollte. Die hieraus resultierenden Einkünfte müssten zweckgebunden eingesetzt werden, d.h. für die Umwandlungs- und Übergangskosten in Richtung kohlenstoffarme Arbeitsplätze, für sozial gestaffelte Beihilfen und Kompensationen für steigende Energiepreise, sowie zur Förderung von Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern.

Bezüglich der sozialen Folgen, die – im positiven wie im negativen – direkt auf das Beschäftigungsniveau einwirken, schlägt der OGBL eine sektorielle Vorgehensweise vor, um über den Weg des sozialen Dialogs, d.h. mittels Verhandlungen und Abkommen zwischen den Sozialpartnern, den Umbruch in karbonarme Produktionsformen zu ermöglichen und zugleich die Potenziale für die Schaffung von sogenannten „green jobs“ und für eine höhere Arbeits-, Wohn- und Lebensqualität für alle Schichten der Bevölkerung zu nutzen. Der OGBL schlägt diesbezüglich vor, prospektive Analysen durchzuführen, um die Folgen für Arbeitsplätze, den Bedarf an beruflichen Aus- und Weiterbildungsprogrammen, die Formen des beruflichen Übergangs und der sozialen Absicherung rechtzeitig zu erkennen und so präventiv handeln zu können.

Für die Umsetzung einer nationalen Energiestrategie

Der OGBL sieht prioritär fünf Elemente einer nationalen Energiestrategie:

– Anstrengungen zur Verbesserung der Energieeffizienz,

– Abbau der Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger durch Förderung erneuerbarer Energien in Luxemburg,

– Ablehnung der Atomenergie – als Mitglied des „Nationalen Aktionskomitees gegen Atomkraft“ unterstützt der OGBL dessen Forderungen nach einer proaktiveren Haltung der Regierung, etwa hinsichtlich der Diskussionen in der Großregion im Hinblick auf eine Laufzeitverlängerung für Cattenom wie auch auf europäischer Ebene,

– Investitionen in die Qualität der energiewirtschaftlichen Infrastruktur,

– Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs.

Der OGBL wendet sich gegen die von der EU forcierte weitere Privatisierungs- bzw. Liberalisierungswelle im Energiebereich. In der Praxis hat die bisher vorgenommene Liberalisierung trotz aller Beteuerungen vor allem einen Anstieg der Verbraucherpreise mit sich gebracht, während sich die Gewinne der Energiekonzerne in den letzten Jahren vervielfacht haben. Der OGBL spricht sich klar für Energie als öffentliche Dienstleistung aus. Die Versorgungssicherheit muss gewährleistet bleiben; ebenso muss der Zugang zur Energie für jedermann erschwinglich bleiben.

5. Die Demokratisierung der Arbeitswelt voranbringen

5.1. Mitbestimmung im Betrieb

Ogbl_kongress_06122014_0123Für den OGBL ist die Frage der Mitbestimmungsmöglichkeiten im Betrieb eine zentrale gewerkschaftliche Frage. Sie ist aus einem langen historischen Prozess aus sehr unterschiedlichen Motiven und Zielsetzungen hervorgegangen.

Mitbestimmung soll Arbeitnehmern Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen ermöglichen. Das betrifft einerseits die Betriebsordnung, die Arbeitsbedingungen und den Umgang mit dem Personal, andererseits wirtschaftliche Entscheidungen über die Entwicklung und Zukunft des Unternehmens und der Arbeitsplätze. Mitbestimmung soll die unternehmerische Orientierung an der Gewinnmaximierung durch explizite Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen an langfristiger Beschäftigungssicherheit, humanen Arbeitsbedingungen und Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg ergänzen. Darüber hinaus wird die Mitbestimmung vom OGBL als Mittel zur Kontrolle wirtschaftlicher Macht und Teil einer umfassenden Demokratisierung der Wirtschaft begründet.

Ohne Demokratisierung der Wirtschaft kann auch die parlamentarische Demokratie nur unzureichend funktionieren. Der freie mündige Bürger darf im Betrieb nicht zum fremdbestimmten Untertanen mutieren.

Es braucht also gute, arbeitsfähige Personaldelegationen in den Betrieben. Der Betriebsrat ist fast immer die einzige Ansprechstelle für den Arbeitnehmer, die seine kollektiven oder individuellen Interessen gegenüber dem Arbeitgeber vertritt.

Die aktuelle Gesetzgebung datiert aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Niemand wird bestreiten, dass sich seitdem die Arbeitswelt entscheidend verändert hat. Luxemburg hat heute eine Vielzahl von Betrieben, mit unzähligen verschiedenen Arbeitsbedingungen. Wir sind meilenweit entfernt vom klassischen Industriebetrieb mit seiner einheitlichen Funktionsweise. Betriebsräte brauchen heute mehr materielle Möglichkeiten, um ihr Mandat auszuüben. Gerade auch bezogen auf die modernen Kommunikationsmittel. Daneben muss es den Betriebsräten, nach eigenem Ermessen möglich sein, auf externes Expertenwissen zurückzugreifen.

Weiter müssen die vorhandenen Stundenkredite ausgebaut werden. Gerade auch um den gestiegenen Ansprüchen, z.Bsp. in Sachen Fort- und Weiterbildung der Arbeitnehmer, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitszeitorganisation und Anti-Diskriminierung Rechnung zu tragen.

Außerdem ist die wirtschaftliche Struktur der Betriebe nicht einfacher geworden. Dadurch sind viele verschiedene Entscheidungsebenen entstanden. Hier braucht es ein entsprechendes Gegengewicht, indem die Vertretung der Arbeitnehmer in den Entscheidungsgremien verstärkt wird und auf alle Unternehmensformen ausgeweitet wird.

Die gewerkschaftlichen Möglichkeiten zur Unterstützung der Betriebsräte müssen ausgebaut werden.

Ein Betriebsratsmandat ist eine anspruchsvolle und fordernde Aufgabe. Um diese Aufgabe wahrnehmen zu können, muss der einzelne Betriebsrat viel mehr Möglichkeiten zur Fortbildung bekommen. Auch darf ein Betriebsratsmandat sich nicht nachteilhaft auf die weiteren Perspektiven des Betroffenen in seiner beruflichen Karriere auswirken.

Letztendlich muss der Kündigungsschutz der Betriebsräte neu überdacht und ausgebaut werden. Der OGBL verweist auf seine entsprechenden Publikationen in diesem Zusammenhang und auf seine detailliertere Stellungnahme bezogen zum Gesetzesvorschlag, der sich gegenwärtig und seit viel zu langem auf dem Instanzenweg befindet.

5.2. Sozialer Dialog auf nationaler Ebene

Der OGBL unterstreicht die Bedeutung der sozialen und wirtschaftlichen Konzertierung auf nationaler Ebene. Leider hat diese in den vergangenen Jahren unter einer Blockade- und Boykotthaltung des Patronats, das sich auf zunehmend auf Maximalforderungen verschanzte, aber auch mangelnder Vorbereitung und Engagement seitens der Regierungsvertreter gelitten.

Für den OGBL muss das Koordinationskomitee der Tripartite wieder seine ursprüngliche Rolle als Kriseninstrument einnehmen. Die Tripartite soll weder eine Alibiveranstaltung noch eine Regierung bis sein, sondern immer dann einberufen werden, wenn es notwendig ist, bei anerkannt schwierigen, sozialen und wirtschaftlichen Problemen, um Konsenslösungen im Dialog zu finden.

Des Weiteren fordert der OGBL eine Aufwertung der konsultativen Funktion des Wirtschafts- und Sozialrats (WSR) als wesentliches Gremium des nationalen Sozialdialogs. Der WSR muss seine gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben wieder voll wahrnehmen, insbesondere das jährliche Gutachten zur wirtschaftlichen, sozialen und budgetären Lage. Auch muss er stärker in die Beratungen im Rahmen des „europäischen Semesters“ eingebunden werden.

Der OGBL wendet sich gegen die zunehmende Einflussnahme von patronatshörigen Lobby-Verbänden unter Umgehung der gewachsenen Institutionen des sozialen Dialogs und die Einrichtung von neuen Gremien ohne gewerkschaftliche Beteiligung, insbesondere die sektoriellen „Hauts comités“ (Finanzplatz, Industrie, Mittelstand…). Der OGBL fordert in die Arbeiten dieser comités eingebunden zu werden, um bei den wichtigen sektoriellen Rahmensetzungen, die legitimen Interessen der Arbeitnehmerschaft nicht zu übergehen und, um die Sach- und Problemkenntnisse der Salariatsvertreter in die Diskussion einzubringen.

Schließlich fordert der OGBL verstärkt in Instrumente zu investieren (insbesondere sozioökonomische Prognosemodelle), die es erlauben, fundierte und ausgewogene Entscheidungen in den Bereichen Sozial-, Steuer-, Umwelt-, Verkehrs- und Wohnbaupolitik zu treffen.

Beleuchtet werden muss dabei nicht bloß die finanzielle Dimension dieser Politiken (allgemeine Kosten/Nutzenanalyse), sowie ebenso ihre soziale (Umverteilungseffekte) und qualitative (Einschätzung der realen Auswirkungen in der Praxis) Dimension, dies auf kurze und längere Sicht im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit.

Diese Instrumente, oder zumindest eine präzise Beschreibung ihrer Inhalte und der ihren Schlussfolgerungen zugrundeliegenden Hypothesen, müssen mit dem Bestreben einer verstärkten Objektivität und Unparteilichkeit entwickelt werden. In diesem Sinne müssen sie allen Sozialpartnern in voller Transparenz zur Verfügung stehen, um einen konstruktiven Dialog zu ermöglichen, der eine Politik erlaubt, die so stark wie möglich auf Fakten beruht.

6. Für eine offensive und kontinuierliche Tarifpolitik

Ogbl_kongress_06122014_0326Der OGBL engagiert sich Tag für Tag für eine kontinuierliche Lohnpolitik und verteidigt die Errungenschaften der Arbeitnehmer. Für den OGBL besteht Lohnpolitik aus drei komplementären Bereichen:

1. dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn;

2. der vom Gesetz vorgesehenen automatischen Anpassung der Löhne und Gehälter an die Preisentwicklung, will heißen an die Teuerungsrate (Index);

3. den Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern.

Diese drei Elemente formen ein Ganzes. Ohne Mindestlohn oder automatische Anpassung der Löhne an die Lebenshaltungskosten würden sich die Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften grundlegend verändern.

Der Mindestlohn darf nicht in Frage gestellt werden

Der Mindestlohn ist ein wichtiger Bestandteil der luxemburgischen Tariflandschaft. Er legt ein minimales Einkommensniveau fest und verhindert einen Unterbietungswettbewerb bei den Löhnen. Um seinen Wert zu erhalten, ist es unerlässlich neben seiner Indexierung die periodische Anpassung an die allgemeine Lohnentwicklung (ajustement) unverändert beizubehalten.

Der OGBL lehnt die fortwährenden Angriffe der Arbeitgeber auf den Mindestlohn in Luxemburg aufs schärfste ab. In Wirklichkeit ist der luxemburgische Mindestlohn im Verhältnis zu den hohen Lebenshaltungskosten und im Vergleich zum Durchschnittslohn noch zu niedrig angesetzt. Der OGBL fordert dementsprechend eine strukturelle Erhöhung des Mindestlohns, um den Mindestlohn für unqualifizierte Arbeit im Vergleich zur offiziellen Armutsgrenze aufzuwerten und Armut trotz Arbeit zu verhindern. Auch das von Patronatsseite geforderte Modell von staatlicher Bezuschussung des Mindestlohnes wird vom OGBL abgelehnt. Die öffentlichen Gelder sind nicht dazu da, um Billiglöhne zu ermöglichen!

Für den Index

Die automatische Anpassung der Löhne an die Inflation erhält die Kaufkraft und verhindert Lohnverluste. Der Index ist einer der Ecksteine der luxemburgischen Sozialbeziehungen. Er trägt entscheidend zum Erhalt des sozialen Friedens und zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Luxemburgs bei. Der Index erlaubt es, die Kollektivvertragsverhandlungen auf den einzelnen Betrieb bzw. den einzelnen Sektor zu zentrieren, und somit den Verhandlungsrahmen an die jeweilige spezifische Situation anzupassen.

Der OGBL stellt zufrieden fest, dass sich sein Engagement während den letzten Jahren gelohnt hat und es weder dem Patronat noch der Politik gelungen ist, dauerhafte strukturelle Verschlechterungen beim Indexmechanismus durchzusetzen. Die Regierung sieht nunmehr vor, zur normalen Funktionsweise des Index zurück zu kehren. Der OGBL wird sich auch weiterhin mit all seinen Kräften für den Erhalt des Indexsystems einsetzen und sich jeder etwaigen erneuten Manipulation des Index entgegenstellen.

Die Tarifpolitik des OGBL

Das Aushandeln von Kollektivverträgen ist eine der Kernaufgaben des OGBL. Dabei sieht sich der OGBL nicht als reine Lohnmaschine. Viele Aspekte der Arbeitsbedingungen fließen in die Tarifverhandlungen ein. Die Schaffung von guten und sicheren Arbeitsplätzen mit Entwicklungsperspektiven ist Teil der Tarifverhandlungen. Fortbildung, Schutz gegen Diskriminierung, Sicherheit und Gesundheitsschutz gehören ebenso dazu wie die Arbeitszeitorganisation.

In Folge  der rein angebotsorientierten europäischen Wirtschaftspolitik ist der Druck auf die Einkommen der Arbeitnehmer seit Beginn der Krise stetig gestiegen. Dies wird natürlich von den Arbeitgebern ausgenutzt, die in ganz Europa versuchen, die Arbeitnehmer mit ihren Gewerkschaften in einen ruinösen Lohndumpingwettbewerb zu drängen.

Der OGBL widersetzt sich diesem Druck indem er an seinem Konzept der offensiven Tarifpolitik festhält. Produktivitätsgewinne in den Betrieben müssen den Beschäftigten zu gute kommen und die Lohnentwicklung muss im Einklang mit der Produktivitätsentwicklung stehen.

Unser System der Verhandlungen auf Sektorenebene und auf Betriebsebene, erlaubt maßgeschneiderte Abschlüsse, die der wirtschaftlichen Situation der Betriebe Rechnung tragen.

Der OGBL ist sich bewusst, dass die europäischen Gewerkschaften näher zusammenrücken müssen, um sich erfolgreich gegen diese Art der Erpressung zu wehren. Konsequenterweise muss der EGB gestärkt werden und die Möglichkeit europaweite Tarifverträge abzuschließen, geschaffen werden. Das bedeutet auch, dass das  europäische Streikrecht gesetzlich verankert werden muss.

Der OGBL fordert von der luxemburgischen Regierung, sich klar für solche fortschrittlichen Maßnahmen auf europäischer Ebene einzusetzen.

Neben der Höhe der Abschlüsse wird auch Druck auf die Löhne in den Betrieben durch die Einführung sogenannter „leistungsgebundener Löhne“ gemacht.

Unter dem Vorwand jeden nach seinen individuellen Leistungen bezahlen zu wollen, wird versucht die Solidarität der Arbeitnehmer aufzubrechen und den Leistungsdruck zu erhöhen. Außerdem müssen sich die Mitarbeiter regelmäßig unwürdigen Gesprächen unterwerfen, in denen ihre Leistung bewertet werden soll. Dabei werden oft Kriterien zur Leistungsbewertung verwendet, die nichts mit einer humanen und würdigen Arbeitssituation zu tun haben.

Druck wird auch auf die Anfangsgehälter ausgeübt. Durch eine Absenkung der Anfangsgehälter soll das Lohnniveau mittelfristig in den Betrieben gesenkt werden. Der OGBL wird sich weiterhin dieser Tendenz entgegensetzen.

Aufgrund der zunehmenden Probleme prozeduraler Art bei den Tarifverhandlungen aber auch im Rahmen der Schlichtungsprozedur, fordert der OGBL die Regierung dazu auf, eine fortschrittliche Reform des Kollektivvertragsgesetzes in Angriff zu nehmen.

Für eine Erhöhung der Kollektivvertragsdichte

Ogbl_kongress_06122014_0469Die Tatsache, dass in Luxemburg nur knapp  50% der Arbeitnehmer unter den Anwendungsbereich eines Kollektivvertrags fallen, zeigt dass der OGBL in den kommenden Jahren noch offensiver vorgehen muss, um die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich einer kollektivvertraglichen Verdichtung in der luxemburgischen Wirtschaft in den Weg stellen. Es ist klar, dass gegenüber dem individuellen Arbeitsvertrag nur die Kollektivverträge die kontinuierliche Lohnentwicklung und gute Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer absichern können. Deswegen ist es nötig, Verhandlungen für die Einführung von neuen betrieblichen und sektoriellen Kollektivverträgen aufzunehmen, insbesondere in den noch nicht kollektivvertraglich erfassten Sektoren.

Die tarifpolitische Offensive des OGBL muss sich ebenfalls auf jene Schicht von höher qualifizierten Beschäftigten ausdehnen, die in den Betrieben von den Arbeitgebern berechtigter- oder aber auch fälschlicherweise als sogenanntes Kaderpersonal eingestuft werden. Hier gilt es für die Erstgenannten die durch das Kollektivvertragsgesetz von 2004 eröffnete Möglichkeit von Verträgen für das Kaderpersonal in die Wirklichkeit umzusetzen.

Für die anderen, die fälschlicherweise und im Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen als Kaderpersonal bezeichnet werden, muss die Anwendung der bestehenden Verträge und ihrer Tarifverhandlungen zum Tragen kommen.

 

7. Arbeitszeit ist Lebenszeit

Bedingt durch die ständigen Angriffe auf das Lohnniveau ist das Thema Arbeitszeit etwas in den Hintergrund der öffentlichen Diskussion getreten. Der OGBL ist der Meinung, dass die Arbeitszeitverkürzung wieder stärker in den Vordergrund gerückt werden muss. Aufgrund des technologischen Fortschritts, der immer stärker verkürzten Produktionsabläufe und der damit verbundenen Effizienz- und Produktivitätsgewinne ist es eigentlich unverständlich, dass eine solche fortschrittliche Reform zugunsten der Verbesserung der Lebensqualität und der Persönlichkeitsentfaltung der Arbeitnehmer nicht auf der Tagesordnung steht.

Tatsache ist jedoch, dass der Druck, der Stress und die Belastungen allgemein am Arbeitsplatz immer weiter zunehmen. Tatsache ist auch, dass von den Arbeitnehmern immer mehr Flexibilität und Disponibilität erwartet wird. Durch diese gestiegene Belastung kommt es zu Fehlzeiten, bedingt durch Krankheit. Immer mehr Arbeitnehmer erreichen ihr normales Pensionsalter nicht mehr. Um dieser Entwicklung entgegen zu steuern, müssen Referenzperioden klarer definiert werden und restriktiver ausgehandelt werden. Darüber hinaus muss die Arbeitszeit, bei vollem Lohnausgleich, gekürzt werden, um die hohe Arbeitsbelastung auszugleichen. Nur so können Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz gewährleistet werden.

Ogbl_kongress_06122014_0313Es kann nicht sein, dass gesteigerte Produktivität für die einen Überlastung und für die anderen Arbeitslosigkeit mit sich bringt.  Arbeitszeitverkürzung ist auch ein Weg um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Durch Arbeitszeitverkürzung entstehen nachweislich Arbeitsplätze. Der OGBL ist der festen Ansicht, dass das Ziel der Vollbeschäftigung unbedingt angestrebt werden muss und ohne Arbeitszeitverkürzung nicht erreicht werden kann. Die wirtschaftlichen Spielräume für eine progressive Verkürzung der Arbeitszeiten mit vollem Lohnausgleich sind vorhanden. Der OGBL fordert also die Regierung auf nach Diskussionen mit den Sozialpartnern in diesem Sinne gesetzgeberisch tätig zu werden und sich auch auf europäischer Ebene aktiv für einen entsprechenden Politikwechsel einzutreten.

Neben der allgemeinen Arbeitszeitverkürzung sind aber auch Maßnahmen zugunsten eines besseren Einklangs von Arbeits- und Privatleben vorzusehen, so zum Beispiel durch die Erweiterung von Urlaubsrechten zugunsten der ausbildungsbezogenen, familiären, sozialen oder kulturellen Bedürfnisse der Arbeitnehmer. Eine solche fortschrittliche Maßnahme ist zum Beispiel die Einführung eines gesetzlichen Rechts auf zeitlich befristete, freiwillige Teilzeitarbeit für die Erziehung von Kindern mit Recht auf Rückkehr auf Vollzeitarbeit nach Fristablauf. Eine solche Reform darf allerdings unter keinen  Umständen die bestehenden Schutzmaßnahmen des Gesetzes über die freiwillige Teilzeitarbeit verschlechtern.

Des Weiteren befürwortet der OGBL die Einführung sogenannter Arbeitszeitkonten, sofern diese ausschließlich  darauf ausgerichtet sind, dem Arbeitnehmer erweiterte Möglichkeiten für seine individuelle Lebensplanung und –gestaltung zu eröffnen. Der OGBL fordert die Regierung dazu auf, endlich die diesbezügliche Gesetzesvorlage auf Grundlage des Gutachtens des Wirtschafts- und Sozialrats aus dem Jahr 2004 auf den Instanzenweg zu geben.

 

 

8. Arbeitslosigkeit und Vollbeschäftigung

8.1. Wieder zur Vollbeschäftigung gelangen

Die Arbeitslosenquoten steigen in Luxemburg und in Europa weiter an. Seit dem Beginn der Krise im Jahr 2008 ist laut Eurostat die Arbeitslosenquote von 7,2% auf 11,8% angestiegen, d.h. eine Zunahme von 64%. Die Arbeitslosenquote in Luxemburg hat sich nahezu parallel hierzu entwickelt und ist von 4,2% im Jahr 2008 auf 6,1% im Jahr 2014 gestiegen, also ein Anstieg von etwa 50%.

Niemand wird abstreiten, dass die Arbeitslosigkeit eines der zentralen Probleme unserer Gesellschaften ist. Sie führt einerseits zu Armut, Unsicherheit und Ausschluss bei denen mit sich, die direkt davon betroffen sind, andererseits Beunruhigung und Angst bei denen, die noch eine Arbeit haben. Vollbeschäftigung entsteht jedoch nicht von alleine, wenn man den Markt einfach gewähren lässt.

Die neoliberalen Methoden, die die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern wollen, indem der Preis der Arbeit gesenkt und auf Sozialdumping gesetzt wird, haben vielleicht dazu beigetragen, dass die Gewinnmargen der Unternehmen größer geworden sind, sie haben aber keineswegs die Zunahme der Arbeitslosigkeit aufgehalten. Ebenso hat sich der Glaube, dass eine einfache Rückkehr zum wirtschaftlichen Wachstum automatisch zur Vollbeschäftigung führen würde, als Illusion erwiesen. Es reicht nicht aus, einseitig auf ein quantitatives Wachstum des Angebots zu setzen, ohne die Nachfrage zu unterstützen und die Hauptaspekte der Lebensqualität mit einzubeziehen (gute und anständig entlohnte Arbeit, Qualitätsinfrastrukturen, Miteinbeziehung des ökologischen Aspekts und der begrenzten Verfügbarkeit der Naturressourcen).

Die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung bleibt für den OGBL das oberste Ziel. Da sämtliche neoliberalen Politiken gescheitert sind, fordert der OGBL einen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel in der Beschäftigungspolitik und auf dem Arbeitsmarkt, sowie eine proaktive Beschäftigungspolitik.

8.2. Die berufliche Weiterbildung – ein unabdingbarer Bestandteil der Arbeitsplatzabsicherung

Für den OGBL muss die langfristige Absicherung der beruflichen Laufbahn und der sozialen Aussichten jedes einzelnen Arbeitnehmers ein zentrales Element jeder Politik im Rahmen der beruflichen Weiterbildung sein. Über die klassische Anpassung der beruflichen Qualifizierung hinaus müssen auch die langfristigen Karriereperspektiven der Arbeitnehmer in Betracht gezogen werden. Eine solche Politik muss die Unterstützung der beruflichen Projekte der Arbeitnehmer bezüglich Studien oder höherer Ausbildung, sowie den Zugang zu neuen Wegen und beruflichen Übergängen, die einen sozialen Aufstieg mit sich ziehen, beinhalten. Gleichzeitig ist es wichtig die Ausbildungsprofile und die beruflichen Qualifizierungen an die neuen technologischen Gegebenheiten und Produktionsprozesse anzupassen, insbesondere im Hinblick auf die Umstellung zu einer treibhausgasarmen Wirtschaft.

Für den OGBL muss die berufliche Weiterbildung ein integraler Teil der Mitbestimmung auf sämtlichen Ebenen sein und mittels paritätischer Entscheidungsstrukturen und über nationale Vereinbarungen, sektoren- und unternehmensbezogenen Lohnvereinbarungen sowie die betriebsinternen Mitbestimmungsorganismen organisiert werden.

Die bestehenden steuerlichen Anregungen für die Unternehmen reichen nicht aus, um die berufliche Weiterbildung und die Anerkennung der von den Arbeitnehmern im Rahmen von nichtformellen oder informellen Ausbildungen erlangten Kompetenzen effizient zu fördern. Neue Finanzierungsmodelle müssen erforscht werden. So schlägt der OGBL vor, über die Einrichtung eines nationalen Weiterbildungsfonds nachzudenken, der mit Hilfe eines Modells der solidarischen Finanzierung gespeist würde. Darüber hinaus regt der OGBL an, staatliche Beihilfen für die private Finanzierung der Ausbildung vorzusehen, die nach sozialen Kriterien gestaffelt wäre. Die Rechte des Arbeitnehmers auf einen individuellen Weiterbildungsurlaub und dessen Finanzierung müssen erweitert werden. Die Finanzierung der Evaluierung, Anerkennung und Zertifizierung der in einer nichtformellen oder informellen Ausbildung erlangten Kompetenzen muss garantiert werden.

Der OGBL schlägt darüber hinaus die Entwicklung eines Angebots von Ausbildungsmöglichkeiten vor, das an die Bedürfnisse der behinderten Arbeitnehmer angepasst ist.

Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Weiterbildung, sowie die Anerkennung und Zertifizierung der Kompetenzen des Arbeitnehmers, auch eine direkte Rolle im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahmen für Arbeitsuchende spielen.

Solche Anstrengungen zu Gunsten der Weiterbildung setzen die Anerkennung und Validierung der durch Bildung aber auch durch Berufserfahrung erlangten Kompetenzen des Arbeitnehmers voraus.

Die Organisation und die Förderung der Validierung von Berufserfahrungen („validation de l’acquis de l’expérience“, VAE) müssen verstärkt werden, um den Arbeitnehmern zu erlauben, ihre Mobilität auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.

Der OGBL schlägt der Regierung vor, in Absprache mit den Sozialpartnern, Modalitäten für die Validierung von informellen oder nichtformellen Ausbildungen, sowie ein Evaluierungs- und Zertifizierungssystem aufzustellen, um den Arbeitnehmern zu ermöglichen:

  • ihre im Rahmen einer informellen oder nichtformellen Ausbildung erlangten Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen anerkennen zu lassen;
  • eine komplette Qualifikation bzw. gegebenenfalls eine teilweise Qualifikation auf Grundlage der anerkannten Erfahrungen von nichtformellen oder informellen Ausbildungen zu erlangen.

Zugleich warnt der OGBL vor einer Vermischung verschiedener Fragen, wie sie verschiedene Patronatsverbände ins Feld führen, die versuchen, das Instrument der VAE dazu zu nutzen, das Recht auf einen qualifizierten Mindestlohn für Arbeitnehmer mit einer Berufserfahrung von 10 Jahren gemäß Art. L.222-4 des Arbeitsgesetzbuches in Frage zu stellen.

8.3. Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit fängt mit dem Schutz der Arbeitsplätze an

Verstärkung des Schutzes gegen wirtschaftlich bedingte Entlassungen

Ogbl_kongress_06122014_0300Der OGBL schlägt vor, zusätzliche Pflichten für den Arbeitgeber vorzusehen, mit dem Ziel, die wirtschaftlich bedingten Entlassungen zu vermeiden. Wirtschaftlich bedingte Entlassungen sollten in der Tat nur dann vollzogen werden, wenn sich die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses als unmöglich erweist. Der Arbeitgeber müsste in diesem Fall beweisen, dass alle Weiterbildungs- und Anpassungsanstrengungen unternommen wurden, und dass eine innerbetriebliche Versetzung nicht durchführbar ist. Die gleichen Auflagen müssten auch im Fall einer substantiellen Änderung des Arbeitsvertrags aus wirtschaftlichen Gründen erfüllt werden. Des Weiteren müssten zusätzliche soziale Kriterien eingeführt werden (Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienlasten, Gesundheitszustand), wobei die Modalitäten der Gewichtung und Rangfolge zwischen den Sozialpartnern zu verhandeln wären.

Die Miteinbeziehung der Arbeitnehmervertreter in die wirtschaftlich bedingte Entlassungsprozedur sollte gleichzeitig mittels der Einführung der Auflage für den Arbeitgeber, ein geplantes Entlassungsvorhaben im Vorfeld der Personaldelegation mitzuteilen, verstärkt werden. Wird die Entlassung von der Personaldelegation in Frage gestellt, so muss der Arbeitgeber, und nicht wie zurzeit der Arbeitnehmer, die rechtliche Auflösung des Arbeitsvertrags vor dem Arbeitsgericht beantragen. Falls der Arbeitgeber die Prozeduren der Mitteilung an die Delegation und an den Arbeitnehmer und die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen nicht einhält, sollte der Arbeitnehmer die Nichtigkeit der Entlassung beim Präsidenten des Arbeitsgerichts beantragen können.

Ein weiterer Bestandteil des Kampfes gegen missbräuchliche wirtschaftlich bedingte Entlassungen könnte eine Erhöhung der zu zahlenden Entschädigungen sein, um ihre Abschreckungswirkung zu verstärken. Dies betrifft sowohl die Entschädigung für moralischen Schaden wie die Abfindungsentschädigung.

Die Politik im Bereich des Beschäftigungserhalts stärken

Die 2006 eingeführten gesetzlichen Bestimmungen im Rahmen des Beschäftigungserhalts beinhalten grundsätzliche Schwächen:

–           Es gibt für die Unternehmen keine gesetzliche Pflicht, Antizipationsmaßnahmen bezüglich der kurz- oder langfristigen Entwicklung der Unternehmensaktivitäten und ihrer Auswirkungen auf die berufliche und soziale Situation der Arbeitnehmer vorzunehmen.

–           Das Konzept des „Beschäftigungserhalts“ hat derzeit nicht die Form einer mittel- oder langfristigen Maßnahme, und beschränkt sich auf reaktive, statt auf aktive und präventive Maßnahmen.

–           Es besteht für die Arbeitgeber keine verbindliche Verhandlungspflicht. Eine rechtliche Schlichtungsprozedur und das Recht auf gewerkschaftliche Aktionen im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen sind nicht im Gesetz festgehalten.

Der OGBL schlägt also vor, die Gesetzgebung umzuändern, um über die auf bloße Reaktionen auf schwerwiegende konjunkturelle Probleme oder bereits stark fortgeschrittene strukturelle Probleme beschränkte aktuelle Gesetzgebung hinausgehen zu können.

Den Schutz im Konkursfall verbessern

Es gibt zu viele Konkurse in Luxemburg. Es ist also nötig, die Unternehmen stärker einzurahmen und zu unterstützen, aber auch die Konkurse besser zu antizipieren. Die Konkursgesetzgebung und die Eingriffsmöglichkeiten der öffentlichen Hand, aber auch die Sanktionen gegen betrügerische Konkurse müssen verstärkt werden, sowie die staatlichen Dienststellen personell verstärkt werden.

Der OGBL fordert eine wirksame Politik zum Schutz der Arbeitnehmer bei Konkurs eines Unternehmens, um die ungleiche Behandlung betreffend die Rechte der Arbeitnehmer, die von einem Konkurs betroffen sind, und der Arbeitnehmer, die aus wirtschaftlichen Gründen entlassen wurden, aufzuheben. Insbesondere müssen die Geldforderungen der Arbeitnehmer bei den Konkursprivilegien an erste Stelle gesetzt werden, indem der Beschäftigungsfonds autorisiert wird, einen Vorschuss auf das Konkursvorrecht auszuzahlen und das Datum des Arbeitslosenentschädigungsrechts mit dem Konkursdatum in Einklang gebracht wird. Zusätzlich muss ebenfalls der Mechanismus der Zwangsverwaltung reformiert werden.

8.4. Spezifische Schutzmaßnahmen für ältere Arbeitnehmer vorsehen

Aktionsplan zugunsten der älteren Arbeitnehmer

Der OGBL schlägt die Schaffung eines rechtlichen Rahmens zur Einführung von Aktionsplänen für die Förderung der beruflichen Aktivität, des Wohlempfindens und des Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit am Arbeitsplatz der älteren Arbeitnehmer (über 45 Jahre) in jedem Betrieb mit mindestens 50 Arbeitnehmern vor.

Dieser Aktionsplan ist jährlich im Rahmen einer Mitbestimmungsprozedur zwischen der Betriebsführung und der Personaldelegation aufzustellen und anzupassen.

Folgende Themen für die Verhandlungen eines solchen Aktionsplans müssen für den OGBL verbindlich vorgeschrieben werden:

a.         Die Analyse der Bedürfnisse und der spezifischen Probleme der älteren Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Schutz ihres Arbeitsplatzes, der Absicherung ihrer beruflichen Laufbahn, ihrer beruflichen Weiterbildung, der Arbeitsbedingungen und der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz.

b.         Maßnahmen zur Förderung der Einstellung von älteren Arbeitnehmern im Betrieb.

c.         Die Verbesserung und Anpassung der Arbeitsbedingungen und die Umsetzung von Präventivmaßnahmen zum Erhalt der Gesundheit, die Bekämpfung von Berufskrankheiten und die Förderung des Wohlbefindens der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz.

d.         Die Prospektion und Einführung von Posten und Arbeitstätigkeiten, die besonders an die Bedürfnisse der älteren Arbeitnehmer nach Gesundheit und Wohlbefinden angepasst sind.

e.         Die Wissens- und Kompetenzweitergabe und die Entwicklung des Tutorats.

f.          Antizipations-, Konversions- und Transitionsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Absicherung der Berufslaufbahnen und des Beschäftigungsschutzes.

g.         Die Anpassung der beruflichen Weiterbildung an die Weiterentwicklungsbedürfnisse der Kompetenzen und Qualifikationen der älteren Arbeitnehmer.

h.         Die Gestaltung der Karriereenden und der aktiven Transition vom Berufsleben hin zur Rente.

Teilzeitarbeit und Teilrente kombinieren

Im Hinblick auf die Anpassung der Arbeitsbedingungen mit der Zielsetzung der Verlängerung der Arbeitstätigkeit, sollten neue rechtliche Bestimmungen die Teilzeitarbeit zusammen mit einer Teilrente ab dem 57. Lebensjahr ermöglichen. Ein solcher Zugang zu einer Teilrente im Zusammenhang mit einer Erleichterung des wöchentlichen Arbeitspensums würde viele Arbeitnehmer dazu anregen, länger im Berufsleben zu bleiben.

Um dieses System wirklich wirksam zu gestalten, müsste dieser Zugang zu einem wahren Recht für die Arbeitnehmer werden, allerdings ein Recht, das an bestimmte objektive Bedingungen geknüpft wäre, die von der betriebsinternen Organisation abhängen.

Der Arbeitnehmer, der von einer Teilrente profitiert, würde seine Versicherungszeit vervollständigen können, indem er weiterhin Beiträge auf den Teil des Einkommens, den der freigewordenen Arbeitszeit entspricht, einzahlt.

Für ein an Bedingungen gebundenes Recht zur Arbeitszeitverkürzung

Neben der Verbindung von Teilrente und Teilzeitarbeit ab dem 57. Lebensjahr, schlägt der OGBL vor, über den Gesetzesweg eine an bestimmte Bedingungen (Dienstzeit, Mitteilungsfrist, objektive Gründe des Betriebsablaufs) gebundene Möglichkeit der Arbeitszeitreduzierung einzuführen. Die Anwendungskriterien dieses Rechts müssen verbindlich über eine Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern geregelt werden, sei es über ein branchenübergreifendes Abkommen oder über den Kollektivvertrag, um die gleiche Beitragshöhe an die Pensionskasse, wie im Fall wo der Arbeitnehmer einer Vollzeitarbeit nachgeht, zu gewährleisten. Damit der Pensionskassenbeitrag der gleiche bleibt, als ob der Arbeitnehmer noch zu 100% arbeiten würde, könnte der Arbeitnehmer in diesem Fall eine Zusatzversicherung gemäß den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches abschließen, wobei der Staat sich engagieren würde, den Beitrag von 8% auf die nicht geleistete Arbeitszeit zu übernehmen.

Frühverrentung ist Teil der Arbeitsmarktpolitik

Im Zusammenhang mit den ständigen Angriffen der Europäischen Kommission auf die luxemburgischen Instrumente im Bereich des Vorruhestandes, erinnert der OGBL daran, dass es sich hierbei an erster Stelle um ein Instrument der Beschäftigungspolitik handelt und dieser Aspekt nicht verloren werden darf. Der OGBL widersetzt sich dementsprechend jeglicher Infragestellung der Solidaritäts-Frührente („préretraite-solidarité“) oder der Anpassungs-Frührente („préretraite-ajustement“). Deren Abschaffung wäre verheerend für die Beschäftigungslage, insbesondere für die Jugend, und könnte zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote führen.

Darüber hinaus spricht sich der OGBL für eine Attraktivitätserhöhung der progressiven Frührente in Form der Aufhebung der derzeitigen Begrenzung des Erhalts der Vorruhestandsleistungen auf 3 Jahre vor Pensionseintritt aus. Dabei soll die Höhe der Vorruhestandsentschädigung weiter 75% des Lohns betragen.

8.5. Ein guter Start ins Leben setzt eine angemessene Arbeit für die Jugendlichen voraus

Ogbl_kongress_06122014_0472Der Kampf  gegen die Jugendarbeitslosigkeit kann nicht mit Prekarisierung einhergehen. Für den OGBL ist die derzeitige Jugendarbeitslosigkeitsquote unannehmbar und muss mit Hilfe der Schaffung von anständig bezahlten Arbeitsplätzen mit guten Arbeitsbedingungen  bekämpft werden. Die Herausforderung kann nicht darin liegen, kurzfristig die Zahl der Arbeitslosen zu reduzieren, sondern es gilt auch die Prekarität zu bekämpfen, von der die Jugend insbesondere zum Zeitpunkt des Eintritts ins Berufsleben betroffen ist, und die, möglicherweise, negative Folgen auf den weiteren Verlauf ihrer beruflichen Karriere mit sich zieht. Der OGBL wendet sich dementsprechend gegen eine angebliche Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Form einer Verschlechterung der legalen Einstellungsbedingungen, oder einer weiteren Ausdehnung der zeitbefristeten Arbeitsverträge. Im Gegenteil müssen die Ausnahmeregelungen gegenüber der Gesetzgebung zu den zeitbefristeten Arbeitsverträgen überarbeitet und strikt begrenzt werden, insbesondere auch diejenigen, von denen die öffentliche Hand profitiert (Bildungswesen, Hochschule, Forschung).

Alle bestehenden Eingliederungsmaßnahmen der Jugend in die Arbeitswelt müssen einer Qualitätsanalyse unterzogen werden, um ihre unterstützende Wirkung zu verbessern und um zu verhindern, dass der Jugendliche in einem Drehtüreffekt von einer Maßnahme in die nächste geschickt wird, ohne dass mögliche Überschneidungen berücksichtigt werden.  Der OGBL fordert die Anerkennung und Validierung aller in Programmen und Maßnahmen für die Jugend erlangten Erfahrungen und Kompetenzen.

Für den OGBL ist die Jugendgarantie ein Instrument, das darauf abzielt, den jungen Arbeitsuchenden eine nachhaltige Eingliederung ins Berufsleben zu ermöglichen. Die Jugendgarantie kann jedoch nur wirksam sein, wenn die Herangehensweise individuell gestaltet wird und es ein auf den einzelnen jugendlichen Arbeitslosen zugeschnittenes Maßnahmenpaket gibt, die nötigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt und regelmäßig qualitative Bilanzen und Evaluierungen durchgeführt werden. Der OGBL fordert darüber hinaus, diese Maßnahme auf sämtliche jungen Arbeitsuchenden bis zum 30. Lebensjahr auszudehnen.

Im Rahmen eines schwieriger gewordenen Arbeitsmarkts nehmen verschiedene Jugendliche selbst unbezahlte Praktika an, wenn sie keine erste Arbeitsstelle finden. Für den OGBL werfen die Effizienz, die Verfügbarkeit und die Qualität der Praktika Fragen auf. Er fordert einen präziseren rechtlichen Rahmen, sowohl für Praktika außerhalb des Schulprogramms als auch im Rahmen einer Ausbildung, in dem Qualitätsstandards festgehalten und der Status sowie die Rechte der Praktikanten, inklusive betreffend Bezahlung und Sozialversicherung, gestärkt werden.

8.6. Das Konjunkturkomitee muss über neue Mittel verfügen

Das Konjunkturkomitee ist eine Überwachungs- und Kontrollinstanz des Arbeitsmarktes. Das Einhalten von gesetzlichen Bestimmungen, die sich auf die Beschäftigung beziehen, setzt eine gewisse Kontrolle ihrer konkreten Umsetzung voraus. Um dies tun zu können, sollte das Konjunkturkomitee in Zusammenarbeit mit der ADEM sämtliche Informationen hinsichtlich der Arbeitsplätze in den Betrieben zentralisieren.

Die Pflicht, dem Konjunkturkomitee jede Entlassung, die in keinem Zusammenhang mit der Person des Arbeitnehmers steht, mitzuteilen, muss auf sämtliche Arbeitgeber ausgedehnt werden, damit auch die Arbeitnehmer der Firmen mit weniger als 15 Angestellten die Möglichkeit haben, von den bestehenden Schutzmechanismen zu profitieren (Beschäftigungserhaltungsplan), der daraus hervorgeht. Dazu müsste das Feld der Informationen, die der Arbeitgeber zwingend an das Konjunkturkomitee weitergeben muss ausgedehnt werden, und die wirtschaftlichen Ursachen, die zum Abbau des Arbeitsplatzes geführt haben und eine genaue Beschreibung des betroffenen Postens beinhalten.

8.7. Die Situation der Arbeitsuchenden verbessern

Der OGBL begrüßt, dass die 2011 angenommene Reform der ADEM, den Diskussionen über die Umwandlung der ADEM in eine öffentliche Einrichtung oder sogar über eine Privatisierung ihrer Leistungen, ein Ende bereitet hat. Der OGBL wird sich weiterhin jedem zukünftigen Versuch in diese Richtung widersetzen, ebenso wie er sich gegen die Öffnung der Personalbeschaffungs- und Arbeitsvermittlungstätigkeiten für die Leiharbeitsagenturen ausgesprochen hat. Der OGBL hat die ILO in diesem Zusammenhang auf Grund der Verletzung der Bestimmungen ihrer Konvention No. 96 befasst. Der OGBL stimmt mit den Zielsetzungen der Reform, die Effizienz und die Qualität der ADEM-Dienstleistungen zu verbessern und eine persönlichere Betreuung der Arbeitsuchenden zu gewährleisten, völlig überein. Er besteht jedoch darauf, dass diese personalisierte Betreuung in der Praxis nicht bloß darauf abzielt, den Arbeitsuchenden zu gängeln, sondern auch klar definierte Rechte, Pflichten und Einspruchsmöglichkeiten beinhalten muss.

Für den OGBL muss die Betreuung der Arbeitsuchenden frei von Schikane, Diskriminierung und Brandmarkung sein. Er widersetzt sich in diesem Zusammenhang klar und deutlich den aktuellen Versuchen, den Begriff „angemessene Beschäftigung“ auszuweiten, um so den Arbeitsuchenden dazu zu zwingen, irgendeine Beschäftigung anzunehmen, ohne die familiäre Situation, die Fahrtzeit zur Arbeit oder die Tatsache, einen Führerschein zu besitzen oder nicht usw., zu berücksichtigen.

Der OGBL fordert im Gegensatz zu diesen einseitigen Verschlechterungen für den Arbeitslosen, die im Übrigen keineswegs eine Besserung am Arbeitsmarkt garantieren, eine Erweiterung der Dienstleistungen der ADEM. Dies beinhaltet eine substantielle Personalerhöhung und eine Anpassung der Profile und der beruflichen Ausbildung ihrer Mitarbeiter, damit eine bessere Betreuung der Arbeitsuchenden gewährleistet werden kann.

Der durch das neue ADEM-Gesetz eingeführte Begleitausschuss sollte für den OGBL zu jedem Gesetzesentwurf oder Entwurf einer großherzoglichen Verordnung, die im Zusammenhang mit den Aktivitäten der ADEM stehen, mit einer Stellungnahme befasst werden.

Der OGBL hat die zeitbegrenzten Krisenmaßnahmen unterstützt, sowohl was die Erweiterung der Kurzarbeit, als auch der Verbesserungen für die Langzeitarbeitslosen, insbesondere durch die Einführung der Möglichkeit einer Verlängerung der Entschädigungsperiode betrifft. Er fordert, dass diese Maßnahmen erneuert werden. Im Allgemeinen findet der OGBL, dass die Begrenzung der Auszahlung des Arbeitslosengeldes auf 365 Tage zu knapp bemessen ist, da die Langzeitarbeitslosigkeit weiterhin zuzunehmen droht. Es muss also über die Modalitäten einer Verlängerung der Entschädigungsdauer nachgedacht werden. Luxemburg gehört in der Tat zu den Ländern mit der kürzesten maximalen Entschädigungsdauer. Nur das Vereinigte Königreich und Italien haben kürzere Entschädigungszeiten. Der OGBL schlägt deshalb vor, die jetzigen maximalen Auszahlungszeiten um ein ganzes Jahr zu verlängern.

Gleichzeitig ist die Überarbeitung der Degression des Entschädigungshöchstbetrags auf zwölf Monate (24 Monate für die über 50-jährigen Arbeitsuchenden) überfällig, denn diese Begrenzung wird in Zukunft mit Sicherheit, aufgrund der immer längeren Einschreibezeiten und der immer höheren Zahl von qualifizierten Arbeitsuchenden, wesentlich häufiger eine Rolle spielen. Der Beschäftigungsfonds muss folglich mit den notwendigen Finanzmitteln ausgestattet werden. In diesem Zusammenhang ist es jedoch auch wichtig nochmals an die Verantwortung der Unternehmen im Interesse des Arbeitsmarktes, sowie Arbeitsuchender zu erinnern. Der gesetzlichen Pflicht zur Meldung freier Arbeitsstellen muss ein größeres Augenmerk geschenkt werden, die Sanktionen gegen solche Unternehmen, die der gesetzlichen Pflicht nicht nachkommen, verstärkt werden.

Der Vorrang bei der Wiederbesetzung muss eine wirkliche Garantie werden

Die Wiedereinstellungsprozedur muss reformiert werden, um zu einer wirklichen Garantie einer Rückkehr in die Arbeit für den Arbeitnehmer zu werden. Dementsprechend sollte der Mechanismus nach folgenden Prinzipien überdacht werden: das Konjunkturkomitee macht anlässlich der Bekanntmachung einer wirtschaftlich bedingten Entlassung den Arbeitgeber sowie den betroffenen Arbeitnehmer auf den Vorrang bei der Wiederbesetzung und auf die diesbezüglichen Durchführungsmodalitäten aufmerksam. Der Arbeitnehmer braucht nicht mehr schriftlich mitzuteilen, dass er vorhat, von seinem Wiedereinstellungsvorrang Gebrauch zu machen. Es ist vielmehr der frühere Arbeitgeber, der ihm jeden, seinem Qualifizierungsprofil entsprechenden, Posten vorschlagen muss, wobei es dem Arbeitnehmer freigestellt bleibt, diesen Posten zu akzeptieren oder nicht. Ist der Arbeitnehmer einverstanden, so ist die Firma dazu verpflichtet, ihn unter Anerkennung der vorherigen Betriebszugehörigkeitsdauer wieder einzustellen.

Beihilfen zur Wiedereinstellung: Nicht den Arbeitnehmer bestrafen, sondern den Arbeitgeber, der das Instrument missbraucht

Im Rahmen der laufenden Diskussionen bezüglich einer möglichen Reform der Beihilfe zur Wiedereinstellung („aide au réemploi“), besteht der OGBL darauf, dass das Prinzip der 90% des vorigen Lohns für den betroffenen Arbeitnehmer auf alle Fälle bestehen bleibt. Der OGBL unterstreicht mit Nachdruck, dass die – tatsächlich bestehenden – Missbräuche bezüglich der Wiedereinstellungshilfe keineswegs von den Arbeitnehmern durchgeführt werden. Es sind im Gegenteil die Arbeitgeber, die von den Vorteilen dieses Instruments profitieren, indem sie die betroffenen Arbeitnehmer zum Mindestlohn einstellen, ohne die Lohntabellen der Kollektivverträge zu berücksichtigen. Anstatt den Arbeitnehmer zu bestrafen, muss vielmehr der Arbeitgeber dazu veranlasst werden, den Kollektivvertrag bzw. das Lohnniveau, das der Betrieb bei gleichen Funktionen/Qualifikationen anwendet, zu zahlen.

Der OGBL kann mit dem Vorschlag einverstanden sein, dass der Staat die Beihilfe zur Wiedereinstellung auf den unqualifizierten Mindestlohn begrenzt, unter der Bedingung allerdings, dass der Arbeitgeber in diesem Fall den Unterschied bezahlen muss, damit die 90% des vorherigen Lohns garantiert bleiben. Ist dies nicht der Fall, würde der Arbeitgeber das Recht auf die Auszahlung der Wiedereinstellungshilfe verlieren. Darüber hinaus spricht sich der OGBL dafür aus, die jetzige Höchstgrenze von 3,5 Mal dem sozialen Mindestlohn beizubehalten.

Die vorgesehene Reform muss ebenfalls garantieren, dass die Rechte des Arbeitnehmers auch im Falle eines späteren Arbeitgeberwechsels erhalten bleiben. Der OGBL schlägt vor, dass zukünftig der Arbeitgeber die Wiedereinstellungshilfe selbst vorstreckt, und anschließend die Summe von der ADEM zurückerstattet bekommt, was den Bedarf einer zweiten Steuerkarte, mit all ihren Unannehmlichkeiten für den Arbeitnehmer, überflüssig machen würde.

9. Die Gleichstellung von Mann und Frau darf kein Lippenbekenntnis sein

Ogbl_kongress_06122014_0372Für den OGBL ist wirtschaftliche Unabhängigkeit der Maßstab für die Erwerbstätigkeit von Frauen. Neben gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit als Grundforderung gibt es aber auch  immer noch Stereotypen, die bei der Berufsorientierung und Arbeitsvermittlung von Frauen überwunden werden müssen.

Der OGBL wird in den Kollektivvertragsverhandlungen weiter konsequent gegen Ungleichbehandlungen von Männern und Frauen vorgehen. Er fordert dementsprechend die Verhandlung über Frauenförderungspläne auf Betriebs- oder Sektorebene. Solche Pläne beinhalten das Vorgehen gegen Ungleichbehandlungen bei der Besoldung oder des Karriereverlaufs, spezifische Weiterbildungen, sowie Maßnahmen zur Arbeitszeitorganisation im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Der OGBL befürwortet auch die Individualisierung des Rentenversicherungssystems. Diese erfordert eine Fortsetzung der Versicherungspflicht mittels eines Mindestbeitrags für Personen, die ihre Berufstätigkeit unterbrechen, sowie die Aufrechterhaltung der abgeleiteten Rechte.

10. Für die Integration  von behinderten Menschen in den Arbeitsprozess

Ogbl_kongress_06122014_0420Die Eingliederung in den normalen Arbeitsprozess ist ein sehr wichtiger Brückenpfeiler für die gesellschaftliche Integration behinderter Menschen.

Das Gesetz vom 13. September 2003 über behinderte Personen verpflichtet die privaten und die öffentlichen Betriebe, behinderte Personen gemäß gesetzlich fixierten Quoten einzustellen.

Der OGBL bemängelt, dass dieses wichtige Gesetz es aber versäumt hat, ein offizielles Kontrollorgan mit der Überprüfung des Erfüllens dieser Auflagen zu beauftragen.

Der OGBL schlägt vor, dass eine Bilanz seiner praktischen Umsetzung und seiner Resultate erstellt wird.

Diese Analyse soll sich nicht nur auf die reale Einstellungspraxis und auf den Respekt der Einstellungsquoten beziehen, sondern ebenfalls Aussagen über den Grad der wirklichen beruflichen Integration in den betrieblichen Arbeitsprozess liefern.

Dasselbe Gesetz sieht vor, dass die Träger der Behindertenwerkstätten den Zugang der behinderten Menschen zum allgemeinen Arbeitsmarkt fördern müssen.

Der OGBL spricht sich für das Einsetzen einer nationalen Koordinationsstelle aus, um die Bemühungen der einzelnen Träger zu unterstützen und ihnen den gebührenden Wirkungsgrad zu verleihen.

Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werden immer höhere berufliche Qualifikationen verlangt. Diese Entwicklung trägt zur weiteren Benachteiligung der behinderten Menschen bei, weil meistens ihre Grundausbildung diesen Anforderungen nicht entspricht.

Der OGBL schlägt vor, sowohl für die in Behindertenwerkstätten als auch in privaten und öffentlichen Betrieben tätigen, behinderten Menschen, ein ihnen angepasstes Angebot an Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu entwickeln. Dies könnte ein Sprungbrett für ein höheres, den Regelausbildungen äquivalentes Ausbildungsniveau sein.

Neben der Erwachsenenbildung für behinderte Menschen, fordert der OGBL, dass für behinderte Kinder und Jugendliche die Integration in die normalen Schulen und Ausbildungseinrichtungen gefördert wird. Dies stellt in der Tat den besten Weg dar, um ein höchstmögliches Ausbildungsniveau zu erreichen, vorausgesetzt die geeigneten Mittel werden zur Verfügung gestellt.

Die  Zugangsmöglichkeiten von behinderten Menschen zu öffentlichen Gebäuden und zum öffentlichen Transport sind nicht nur für die Ausbildung und die Berufstätigkeit, sondern ebenfalls für die gesellschaftliche Integration im  Allgemeinen von entscheidender Bedeutung.

Von ihnen hängt nämlich die Möglichkeit der Teilnahme an den sozialen, kulturellen, sportlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten und Veranstaltungen ab.

Der OGBL fordert, dass neben der strikten Einhaltung der reglementarischen Bestimmungen über den Zugang zu den öffentlichen Gebäuden, eine gesetzliche Regelung über den Zugang von behinderten Menschen zum öffentlichen Transport, eingeführt wird.

11. Schutz der Privatsphäre – auch im Betrieb

In einer Arbeitswelt, die immer mehr elektronisch kommuniziert, sind die technischen Möglichkeiten, ohne großen Aufwand, umfassend Daten zu sammeln, ohne Weiteres gegeben. Der gläserne Mitarbeiter ist eine reale Gefahr. Der OGBL wird dieses Thema im Rahmen seiner Tarifpolitik verstärkt behandeln.

Darüber hinaus fordert der OGBL von der Regierung ein eigenständiges Datenschutzgesetz für die Arbeitswelt das diesen Namen verdient, beziehungsweise eine Verbesserung des bestehenden Datenschutzgesetzes im Sinne des Schutzes der Arbeitnehmer. Ein solches Gesetz muss verbindlich sein und darf nicht durch individuelle Einwilligung des Arbeitnehmers oder Vereinbarungen mit der Personalvertretung unterschritten werden.

Prinzipiell muss ein solches Gesetz vorsehen, dass eine Überwachung des Arbeitnehmers nur erfolgen kann, wenn reale Gefährdungen der Mitarbeiter oder der Allgemeinheit bestehen oder Verdacht auf Straftaten besteht. Die Kontrolle des privaten E-Mail- und Internetverkehrs muss verboten werden, mit Ausnahmeregelungen für genau im Gesetz zu definierende Fälle mit einem entsprechenden gesetzlich zu regelnden Verfahren.

Auch bei der Einstellung muss der Schutz der Privatsphäre der Kandidaten besser gewährleistet werden.  Der OGBL verlangt in diesem Zusammenhang, dass das 2013 in die Gesetzgebung aufgenommene Recht des Arbeitgebers, einen Auszug aus dem Strafregister zu verlangen, wieder gestrichen wird. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber keine medizinischen Untersuchungen mit Ausnahme der arbeitsmedizinisch vorgeschriebenen verlangen. Die Arbeitnehmer müssen auch vor unzulässigen Datenerhebungen in Bezug auf Drogen- und Alkoholtests geschützt werden. Derartige

unrechtmäßig erhobene Daten dürfen nicht verwertet werden.

Um ein solches Datenschutzgesetz  wirksam zu machen, müssen konsequente Sanktionen im Fall von Gesetzesverstößen vorgesehen werden. Zusätzlich muss das Mitspracherecht und Mitentscheidungsrecht, in diesem Bereich,  in den Mitbestimmungsgremien im Betrieb ausgebaut werden.

12. Für das öffentliche System der Sozialen Sicherheit

Ogbl_kongress_06122014_0312Für den OGBL ist der Sozialstaat notwendig,  um die Teilhabe Aller an den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu gewährleisten.  Mittels Sozialtransfers, Steuerungsmaßnahmen und öffentlicher Einrichtungen sorgt der Sozialstaat für einen sozialen Ausgleich in der Gesellschaft und beugt Lebensrisiken und Armut vor.

Die konkrete Gestaltung des Sozialstaats erfolgt durch eine auf der nationalen Solidarität basierende Sozialpolitik. Der Anspruch der hier definiert ist, geht weit über eine karitative Politik hinaus, die nur materielle Not lindern will.

Der OGBL verteidigt das solidarische Finanzierungsprinzip, weil es das einzige ist, das den für die soziale Sicherheit benötigten Anteil des erwirtschafteten Volkseinkommens bereitstellen und im Sinne der sozialen Gerechtigkeit umverteilen kann. Der OGBL fordert deshalb, dass das aktuelle Modell der Finanzierung über den öffentlichen Haushalt nicht nur garantiert bleibt, sondern wegen der zukünftig weiter anwachsenden Leistungsaufgaben der sozialen Sicherheit und ihres wirtschaftlichen Impakts, noch verstärkt wird, denn für den OGBL gibt es durchaus weiteres Entwicklungspotenzial in der Sozialen Sicherheit.

Der OGBL tritt für eine Gesellschaft ein, die ihre wirtschaftlichen Ressourcen in den Dienst der materiellen Einkommenssicherung, der Gesundheitsversorgung und der allgemeinen Lebensqualität der Bürger stellt.

Ein zentraler und alternativloser Baustein für den sozialen Fortschritt ist das öffentliche System der sozialen Sicherheit, das mittels staatlicher Sozialleistungen und öffentlicher Sozialversicherungen den Schutz und die Verbesserung der sozialen Lebenslage seiner Bürger garantiert.

Der OGBL und seine gewerkschaftlichen Vorgängerorganisationen haben über Jahrzehnte einen sehr hohen Anteil am progressiven Aufbau und an der Verteidigung des luxemburgischen Systems der Sozialen Sicherheit, das den gleichberechtigten Zugang aller Bürger unabhängig ihrer finanziellen Situation zu qualitativ guten Sozialleistungen garantiert.

Grundbedingung dafür ist ein Sozial- und Arbeitsrecht, das dieses breite Leistungsangebot und seine Anspruchsrechte verankert.

Der OGBL lehnt jede Politik ab, die die Finanzstärke des Staates im Allgemeinen und in Bezug auf die soziale Sicherheit im Besonderen in Frage stellt.

Gleichzeitig widersetzt sich der OGBL kategorisch jeder politischer Absicht, den Anteil der Arbeitgeber an der Finanzierung der sozialen Sicherheit, insbesondere die Sozialversicherungen zu kürzen.

Sollte bei den Sozialversicherungen zusätzlicher Finanzierungsbedarf bestehen, spricht sich der OGBL für Beitragserhöhungen bzw. die Erschließung neuer Finanzierungsquellen (z.Bsp. die Abschaffung der Beitragshöchstgrenze) und gegen Leistungsverschlechterungen aus.

Die Bevölkerung hat ein legitimes Recht auf eine optimale Gesundheits- und Sozialversorgung und auf Leistungen in Form von Ersatzeinkommen (insbesondere die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall), sowie sozialen Einkommensstärkungen für den Schutz vor Lebensrisiken.

Dieses Recht leitet sich nicht nur aus dem von der Bevölkerung aufgebrachten Steuervermögen und eingezahlten Sozialversicherungsbeiträgen ab, sondern vor allem auch aufgrund des von ihr erwirtschafteten Volkseinkommens.

Es ist deshalb völlig legitim, dass mit wachsender Wirtschaftskraft ein entsprechend wachsender Teil in die weitere Entwicklung der sozialen Sicherheit investiert wird.

Ein positiver Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung

Viele der Auswirkungen der sozialen Sicherheit sind direkt nicht messbar, doch ihr positiver Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung und Produktivität ist in vieler Hinsicht sehr hoch.

Ohne die Leistungen der sozialen Sicherheit wäre übrigens die luxemburgische Wirtschaft der Gegenwart nicht überlebensfähig.

Die vornehmlich aus Arbeitgeberkreisen, vielfach unterstützt von verschiedenen europäischen und internationalen Institutionen, propagierte negative Darstellung der sozialen Sicherheit als einen  Kostenfaktor, der die Wirtschaft und ihre Kompetitivität belastet, ist deshalb grundfalsch und kontraproduktiv.

Abgesehen von Fragen der Verteilungsgerechtigkeit spielt der Sozialstaat vor allem in dreierlei Hinsicht eine wichtige Rolle. Erstens als permanente Stütze der Kaufkraft, zweitens als Stabilisator in Krisenzeiten und drittens zur Eindämmung von Unsicherheit.

Darüber hinaus darf ebenfalls die stark wachsende wirtschaftliche Bedeutung des Gesundheits- und Sozialwesens, das mittlerweile rund 25.000 Beschäftigten zählt, nicht übersehen werden.

Die über die soziale Sicherheit bezahlten Löhne im Gesundheits- und Sozialwesen sowie die von ihr finanzierten sozialen Geldleistungen und Ersatzeinkommen fließen in einem hohen Anteil direkt in den Zyklus der Wirtschaft und der Steuereinnahmen bzw. der Sozialbeiträge zurück.

Ein kategorisches Nein zur Privatisierung!

Der OGBL spricht sich in diesem Zusammenhang kategorisch gegen eine Politik der Privatisierung der sozialen Sicherheit aus. Dies gilt sowohl für die Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und der Sozialdienste als auch für die Sozialversicherungen.

Ein profitorientiertes, privatisiertes Versicherungssystem wird den prioritären Grundprinzipien des gleichberechtigten Zugangs und der Verfügbarkeit der Sozialleistungen nicht  gerecht und führt zur Schwächung der Finanzkraft und der Umverteilungsdynamik der sozialen Sicherheit. Die Zunahme der gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten sowie der sozialen Armut wären die unausweichliche Folge.

12.1. Die Überlegenheit des öffentlichen Pensionssystems

OGBL_Kongress_05_12_2014_0251Die Finanzkrise 2009 hat die Schwachstellen und die sozialen Risiken privater Rentenversicherungssysteme basierend auf dem Kapitaldeckungsverfahren offengelegt.

Im Gegensatz dazu haben die öffentlichen Rentensysteme einen positiven Einfluss auf die Krisenbekämpfung ausgeübt und sich stabilisierend auf die Kaufkraft ausgewirkt. Ihrer generationsübergreifenden solidarischen Ausrichtung ist es zu verdanken, dass der soziale Abstieg und der Absturz in die Armut für viele Rentner verhindert werden konnte.

Ihrer gesellschaftlichen Überlegenheit zum Trotz werden aber die öffentlichen Rentensysteme und ihre Leistungen seitens der Arbeitgeberverbände und der neoliberalen Politik in Frage gestellt.

Neben der angestrebten Liberalisierung des Rentenwesens, fordern die Arbeitgeber eine Verringerung ihres Anteils an der Finanzierung der öffentlichen Rentensysteme.

Dies soll über das Einfrieren (oder gar das Absenken) der direkten betrieblichen Sozialbeiträge und über eine niedrigere Belastung der Staatsfinanzen erreicht werden.

Die EU-Kommission greift bei jeder sich bietenden Gelegenheit das luxemburgische Pensionswesen an.

Der OGBL tritt für den Beibehalt und die langfristige Absicherung der auf dem sogenannten Umlageverfahren gründenden und solidarisch finanzierten öffentlichen Rentenversicherung Luxemburgs ein.

Was den Kompensationsfonds der Rentenversicherung anbelangt, so hat die Krise gezeigt, wie notwendig eine vorsichtige Anlagestrategie ist, wenn man Einschnitte bei den Reserven vermeiden will. Der OGBL erinnert daran, dass er zu keinem Zeitpunkt der Meinung war, man müsse einen Teil der Reserven der Pensionskasse in Aktien anlegen. Er fordert in diesem Zusammenhang, bei der Auswahl der durchzuführenden Investitionen immer soziale, ethische und ökologische Kriterien zu berücksichtigen. Die aufgrund der Intervention des OGBL unternommenen Bemühungen des Kompensationsfonds ethische Kriterien bei seinen Investitionen anzuwenden, sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch ungenügend. Darüber hinaus schlägt der OGBL vor, unter Berücksichtigung der gebotenen Sorgfalt, den Anteil der auf den Finanzmärkten angelegten Reserven zu senken, zu Gunsten von Investitionen in Immobilien, insbesondere und zusätzlich zu den erforderlichen Anstrengungen der Öffentlichen Hand in den sozialen Wohnungsbau in Luxemburg. Diese würden ebenfalls den Bausektor unterstützen.

Bilanz der Pensionsreform

Für den OGBL bestand keine wirkliche Notwendigkeit für die Reform des Pensionsregimes und die damit verbundenen Leistungsverschlechterungen. Der OGBL bleibt bei seiner ursprünglichen Position. Statt die Leistungen zu kürzen, hätte man vielmehr eine Erhöhung der Beiträge zum Zeitpunkt wo die Notwendigkeit dazu besteht, vorsehen sollen, wobei die Entwicklung der Pensionsreserven zu berücksichtigen ist. Für den OGBL ist der Ausschluss jeglicher Beitragserhöhung  mit dem Argument der Kostenwettbewerbsfähigkeit der Betriebe nicht zu rechtfertigen.

Der OGBL fordert die Regierung dazu auf, die Pensionsreform einer Revision zu unterziehen und die erfolgten Verschlechterungen rückgängig zu machen. Dazu gehört unter anderem der integrale Erhalt der periodischen Anpassung der Pensionen an die Lohnentwicklung und der Prämie zum Jahresende. Der OGBL erinnert des Weiteren die Regierung daran, dass mehrere positive Maßnahmen, die im Rahmen der Pensionsreform angekündigt worden waren, immer noch ausstehen, vor allem die Verbesserungen beim Vorruhestand für Schichtarbeiter und die Einführung einer öffentlichen Zusatzrente.

Der OGBL hält ebenfalls seine Forderung aufrecht, die Einnahmen der Pensionskasse wenn nötig zu erhöhen, entweder durch die Abschaffung der jährlichen Beitragsobergrenze, ohne dass zugleich die Leistungsobergrenze aufgehoben wird, oder durch die Abschaffung der jährlichen Beitragsobergrenze mit gleichzeitiger Anpassung der Leistungen nach einem Degressivitätsmodell (der zusätzliche Betrag bei der Pension sinkt im umgekehrten Verhältnis zum beitragspflichtigen Einkommen).

Des Weiteren fordert der OGBL die Einführung von neuen Finanzierungsquellen der Pensionskasse, zusätzlich zu den bestehenden Beiträgen, um den zu erwartenden ansteigenden Finanzbedarf bereits im Vorfeld abzusichern, zum Beispiel in Form eines Beitrags auf Einkommen aus Vermögenswerten.

Es darf nicht aus den Augen verloren werden, dass die Lebensfähigkeit des Pensionsregimes aufs engste mit der Entwicklung des wirtschaftlichen Wachstums und seinem Niederschlag auf die Löhne der Versicherten zusammen hängt. Eine hohe Arbeitslosigkeit, unsichere Arbeitsplätze, prekäre Arbeitsverhältnisse und schlechte Lohnbedingungen wirken sich ebenfalls auf das Gesamtvolumen der erhobenen Beiträge aus. Jegliches politisches Vorhaben zur langfristigen Absicherung der Finanzierung der Renten muss von einer offensiven Politik für den Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung begleitet werden. Eine positive Entwicklung auf dieser Ebene wird ebenfalls den Zeitpunkt nach hinten verschieben, an dem eine Beitragserhöhung notwendig ist um Verschlechterungen bei den Leistungen zu verhindern.

Selbstverständlich muss sich die Pensionsversicherung an die sozio-ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen. Diese Reformen müssen jedoch dem allgemeinen Interesse der Bevölkerung an einer positiven Entwicklung des öffentlichen und solidarischen Pensionssystems dienen und ihm untergeordnet sein.

Für den OGBL muss die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität und nicht nur demographische Kriterien die Leistungen der öffentlichen Pensionen bestimmen.

Durch die steigende Lebenserwartung steigt die Zahl der Bevölkerung des 3. und 4. Alters stetig an, was neue wirtschaftliche Tätigkeitsbereiche, Wachstumspotenziale und die Schaffung von Arbeitsplätzen mit sich zieht.

Für den OGBL muss die Rentenhöhe den im Laufe der Berufslaufbahn erreichten Lebensstandard des Versicherten gewährleisten.

Schließlich  spricht sich der OGBL gegen eine Erhöhung des Renteneintrittsalters aus. Das Recht nach 40 Versicherungsjahren auf volle Rente und ab dem 57. Lebensjahr bzw. dem 60. Lebensjahr in Rente zu gehen, sowie der allgemeine Rentenanspruch ab dem 65. Lebensjahr müssen aufrechterhalten werden.

12.2. Die Gesundheitsversorgung

Den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung garantieren

Ogbl_kongress_06122014_0308Jeder Mensch muss unabhängig seiner individuellen Einkommenssituation Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung haben.

Für die Organisation und Finanzierung der Gesundheitsversorgung gibt es aus diesem Grund keine Alternative zum allgemeinen Prinzip der Risiko- und Solidargemeinschaft.

Die solidarische Finanzierung bleibt mehr denn je der einzige Weg, um jene Umverteilung der finanziellen Ressourcen vorzunehmen, die notwendig ist, um eine Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern.

Sie verhindert auch unzumutbare finanzielle Belastungen für ausgewiesene Risikogruppen.

Dies alles gilt umso mehr in einer Zeit, in der die demographische Entwicklung, der medizinisch technische Fortschritt und die moderne Pflegewissenschaft neue Möglichkeiten und neue Bedürfnisse für die Gesundheitsversorgung nach sich ziehen. Im Zug dieser Entwicklungen werden sich der soziale Stellenwert und das gesamtwirtschaftliche Gewicht der Gesundheitsversorgung weiter stark erhöhen. Ein effizientes Gesundheitswesen fördert die Lebensqualität sowie die Produktivität und trägt zur Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen bei.

Der OGBL befürwortet jede Maßnahme, die dem effizientesten Einsatz der staatlichen Haushaltsmittel und der öffentlichen Versicherungsgelder dienlich ist, sofern sie dem obersten Ziel, nämlich der Sicherstellung und der weiteren Verbesserung der Qualität und des Leistungsangebots untergeordnet bleibt.

Selbst Diskussionen über grundlegendere Änderungen bei den bestehenden Finanzierungsmodellen der Krankenhäuser und der über die Pflegeversicherung finanzierten Betriebe dürfen dieses Ziel nicht in Frage stellen.

Sie müssen nachweisbar Verbesserungen der Qualität und des Leistungsangebots nach sich ziehen.

Dies schließt personalbezogene Kriterien wie beispielsweise die berufliche und quantitative  Personalausstattung, die Arbeitsbedingungen und die Absicherung der Kollektivverträge mit ein. Der OGBL warnt vor jeglicher Externalisierung von öffentlichen und nicht kommerziellen Gesundheits- und Pflegediensten an den Privatsektor.

Grundfalsch wäre für den OGBL eine Gesundheitspolitik, die dem Problem des Bedarfs an zusätzlichen finanziellen Mitteln über den Weg der Förderung von privaten Zusatzversicherungen begegnen wollte.

Der solidarisch finanzierten öffentlichen Versicherung würden dadurch nicht nur die notwendigen Finanzmittel zur Absicherung und zum Ausbau ihres Leistungsspektrums vorenthalten.

Sie würde ebenfalls progressiv durch ein System der Gesundheitsversorgung ersetzt, das das Recht einkommensschwächerer Bevölkerungsschichten und/oder besonders gefährdeter Risikogruppen auf eine gleichwertige Qualität der Gesundheitsversorgung nicht mehr zum Ziel hätte.

Der Finanzbedarf für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung wird weiter wachsen

Die demographische Entwicklung, der medizinisch technische Fortschritt und die moderne Pflegewissenschaft führen unausweichlich zu einem wachsenden Finanzbedarf der Gesundheitsversorgung.

Es ist für den OGBL auch völlig normal, dass in einem Land wie Luxemburg mit einem hohen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsstand die Progression der Gesundheitsausgaben sich überproportional zur Entwicklung des Bruttoinlandeinkommens verhält.

Der OGBL fordert, dass der in Zukunft weiter anwachsende Finanzbedarf durch das Bereitstellen zusätzlicher staatlicher Haushaltsmittel und durch die Erhöhung der Versicherungseinnahmen abgedeckt werden muss (insbesondere durch die Abschaffung der Beitragsdecke für Naturalleistungen).

Vor allem fordert der OGBL jegliche Leistungsverschlechterung zu verhindern und das Leistungsangebot an die sich stets ändernden Bedürfnisse der Gesellschaft anzupassen. Der OGBL fordert diesbezüglich, die im Rahmen der Gesundheitsreform von 2010 erfolgte Erhöhung der individuellen Beteiligung zurückzuziehen und auch in Zukunft keine zusätzlichen Belastungen für die Versicherten vorzusehen.

Ein qualitativ hochwertiges und umfassendes Leistungsangebot

Der OGBL spricht sich für einen weiteren und notwendigen Ausbau der medizinisch-technischen Infrastrukturen mit ausreichendem qualifiziertem Personal aus. Ein Schwerpunkt muss auf die Entwicklung der Vorsorge und Früherkennung gelegt werden. Der Patient muss im Mittelpunkt des Entscheidungsprozesses betreffend seiner medizinischen Behandlung stehen. Um den hohen medizinischen Qualitätsstandard fortleben zu lassen, benötigen wir eine permanente Weiterbildung der Gesundheits- und Sozialberufe, Investitionen in deren Arbeitsbedingungen sowie eine stetige Qualitätskontrolle.

In diesem Zusammenhang schlägt der OGBL nicht nur vor, die rezente Struktur der „maison médicale“ auf alle Regionen des Landes auszudehnen, sondern sie ebenfalls in die Bereitschaftsdienste der Krankenhäuser zu integrieren, damit die Frage der Verantwortlichkeit im Fall von Patiententransfers geklärt ist. Der OGBL spricht sich ebenfalls für den Ausbau medizinischer und pflegerischer Kompetenzzentren aus und er unterstützt die allgemeine Ausrichtung des Krankenhauswesens im Sinne einer komplementären Zusammenarbeit, insofern diese Umstrukturierung im Interesse der Patienten und nicht mit der einzigen Zielsetzung der Kostensenkung durchgeführt wird.

Der OGBL fordert, dass die ambulante Chirurgie in der Krankenhausstruktur stattfinden muss. Des Weiteren fordert der OGBL, dass die staatliche Gesundheitspolitik ein national koordiniertes Planungs- und Investitionsprogramm in die Wege leitet und eine flächendeckende öffentliche Einrichtung der ambulanten Chirurgie in der Krankenhausstruktur aufbaut. Die ambulante und die stationäre Versorgung muss koordiniert werden. Jeder Leistungserbringer muss in das System eingebunden werden mit dem Ziel dem Versicherten die bestmögliche Betreuung zu garantieren, ohne dass dies zu Mehrkosten in Form einer Erhöhung der Selbstbeteiligung für den Patienten führt.

Die Betreuung des Patienten muss in einem zwischen allen Leistungserbringern abgestimmten Konzept erfolgen. Die objektive Information des Patienten muss verbessert werden und er muss in das Behandlungskonzept einbezogen werden.

Neben einer besseren Qualitätskontrolle und Transparenz in allen Leistungsbereichen der luxemburgischen Gesundheitsversorgung fordert der OGBL, dass alle Leistungserbringer sich regelmäßig durch die berufliche Fort- und Weiterbildung an die wissenschaftliche und technologische Entwicklung anpassen.

Der OGBL fordert eine gezielte Förderung der Rekrutierung von fest angestellten Ärzten („Salariatsmedizin“) zur praktischen Umsetzung dieser Zielsetzungen. Der OGBL spricht sich vehement gegen die im Regierungsprogramm angekündigte Pauschalisierung von medizinischen Akten und Pflegeleistungen aus. Die in den Grenzregionen gemachten Erfahrungen im Spitalsektor haben die negativen Konsequenzen sowohl auf die Beschäftigten des Sektors als auch die Qualität der Pflege klar aufgewiesen. Für das Personal in den Krankenhäusern ist es unabdingbar, dass im Rahmen einer derartigen Finanzierung eine ausreichende Personalausstattung und die kollektivvertragliche Entwicklung berücksichtigt werden. Im Übrigen drängt die Frage sich auf, ob die in Luxemburg existierende liberale Medizin mit dem Modell der Finanzierung mittels Pauschalbeiträgen vereinbar ist.

Der OGBL fordert nachdrücklich in Zukunft bei der Ausarbeitung des Spitalplans und allen anderen Maßnahmen zur Anpassung der medizinischen Versorgung auf die landesweiten Bedürfnisse, bereits im Vorfeld in die Diskussionen mit einbezogen zu werden.

Für die obligatorische Konventionierung

Der OGBL hält am sehr wichtigen Prinzip der obligatorischen Konventionierung der medizinischen Leistungen fest.

Eine Liberalisierung der Tarife hätte aus mehreren Gründen fatale Folgen für das luxemburgische Gesundheitssystem.

Neben einer ineffizienten Erhöhung des Kostenpunkts, würde der Weg freigemacht für eine Mehrklassenmedizin, die sich am Geldbeutel der Menschen orientiert, und eine gleichberechtigte Gesundheitsversorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet.

Der OGBL fordert, dass im Rahmen der Kranken- und Pflegeversicherung ein breitmöglichstes Angebot medizinischer und pflegerischer Leistungen sichergestellt und die laufenden Anpassungen der diesbezüglichen Nomenklaturen erfolgen.

Der OGBL lehnt es kategorisch ab, dass die Nomenklaturen und die Leistungskataloge der Kranken- und Pflegeversicherung einer Liberalisierung der Tarife und der Preise ausgesetzt werden.

In diesem Zusammenhang drängt der OGBL insbesondere auf die Neufassung der mangelhaften Nomenklatur im Bereich der Leistungen der Zahnregulierung und -prothetik.

Der OGBL wiederholt seine Forderungen für die Verallgemeinerung des „Tiers payant“, für die Abschaffung des Aufschlags auf medizinische Honorare beim Krankenhausaufenthalt in der 1. Klasse sowie der Honoraraufschläge beim Arztbesuch.

Der OGBL drängt auf die Reform des kontrollärztlichen Dienstes und setzt sich ebenfalls für die Schaffung einer effizienten Prozedur für die Ahndung von Vergehen seitens der Leistungserbringer ein.

Der OGBL fordert eine Reform des Schiedsgerichts der Sozialversicherungen und des „Conseil supérieur de la sécurité sociale“ um den unannehmbar langen Wartezeiten ein Ende zu bereiten.

Die Gesundheitsdienste dürfen nicht der Marktliberalisierung unterworfen werden

Die Gesundheits- und Sozialversorgung ist keine Ware und muss vor der europäischen Politik der Marktliberalisierung geschützt werden.

Um das grenzüberschreitende Recht des Patienten auf eine optimale gesundheitliche Versorgung abzusichern, müssen die bestehenden Genehmigungsprozeduren der Krankenversicherung bei stationären Behandlungen auf eine harmonische Art und Weise miteinander koordiniert werden.

Dies widerspricht in keinster Weise der allgemeinen Gewerkschaftspolitik des OGBL, der sich insbesondere in der Großregion für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowie für Synergien in den Bereichen Entwicklung von Dienstleistungen, berufliche Ausbildung und berufliche Qualifikationen einsetzt.

Umweltmedizin, alternative und anerkannte Heilungsmethoden

OGBL_Kongress_05_12_2014_0125Der OGBL fordert im Rahmen der Umweltmedizin die Schaffung von zeitgebundenen Honoraren. Die Ausübung der Umweltmedizin, das heißt die Diagnostik und Behandlung, ist sehr zeitintensiv. Deshalb muss die Möglichkeit bestehen, die aufgebrachte Zeit in Rechnung zu stellen.

Der OGBL fordert ebenfalls die Anerkennung und Übernahme der Kosten für alternative und anerkannte Heilungsmethoden.

Präventivmedizin

Der OGBL unterstützt das Konzept der Präventivmedizin. Er fordert jedoch das Gesundheitsministerium auf, alle laufenden Präventionsprogramme hinsichtlich der ursprünglich anvisierten Ziele zu überprüfen, bevor neue Programme gestartet werden. Dies ist nötig, um Doppelarbeit zu vermeiden und die Wirksamkeit dieser Programme zu verbessern.

Ein wesentliches Element der Prävention ist die Förderung eines gesunden Arbeitsklimas. Der OGBL schlägt diesbezüglich vor, wirksame und verpflichtende Maßnahmen gegen die Phänomene Stress am Arbeitsplatz und Burn-Out vorzusehen

12.3. Arbeitsmedizinische Dienste

Der OGBL fordert die Einrichtung eines nationalen arbeitsmedizinischen Dienstes („Service national de la médecine au travail“, SNMT), der eine neutrale und unabhängige Betreuung der Arbeitnehmer gewährleisten würde.

Der SNMT würde dem Gesundheitsministerium unterstehen, wobei aber eine Koordination mit dem Arbeitsministerium sowie dem Ministerium für soziale Sicherheit vorzusehen ist.

Die Finanzierung und die Leitung dieses Dienstes könnte nach dem Vorbild des „Service de santé au travail multisectoriel“ auf einem Dreiparteienmodell aufgebaut werden.

Weiterhin fordert der OGBL die Schaffung eines nationalen Koordinationsausschusses für Prävention, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, der sich aus sämtlichen, in diesem Bereich implizierten Institutionen zusammensetzen würde (AAA-Präventionsdivision, SNMT, CMSS, CNS, ITM…).

12.4. Pflegeversicherung

Der OGBL stellt fest, dass die Zahl der Leistungsempfänger im Rahmen der Pflegeversicherung stetig ansteigt.

Die Reform der Pflegeversicherung steht zurzeit auf der Tagesordnung.

Der OGBL fordert:

– die Einbeziehung sämtlicher Partner in die anstehenden Diskussionen;

– die Aufbesserung der bestehenden Leistungen und die Schaffung neuer Leistungen, die der technischen Entwicklung Rechnung tragen;

– mehr Transparenz bei den Leistungen;

– die Einführung von Qualitätskontrollen;

– die Wiedereinführung des staatlichen Beitrags von 45% am Haushalt der Pflegeversicherung;

– Überlegungen über die Exportierbarkeit der Sachleistungen für die Grenzgänger, die sich an der Finanzierung der Versicherung beteiligt haben;

Der OGBL lehnt jegliche Reduzierung der Leistungen und Pflegedienste ab, und befürwortet demgegenüber gegebenenfalls eine Beitragserhöhung und eine Erhöhung des staatlichen Beitrags im Falle von finanziellen Notwendigkeiten. Für den OGBL muss jegliche Reform in diesem Bereich die Bestimmungen des sektoriellen Kollektivvertrags berücksichtigen und die notwendige finanzielle Ausstattung vorsehen, damit die Arbeitnehmer des Sektors, die unmittelbar von den vorgesehenen Maßnahmen betroffen sind, nicht bei dieser Reform außen vor bleiben.

12.5. Unfallversicherung

Der OGBL fordert die Anpassung der Liste der verschiedenen Berufskrankheiten, insbesondere die Anerkennung von psychosozialen Krankheiten, die durch die Arbeitsbedingungen bedingt sind (z.B. das Burnout-Syndrom …), als Berufskrankheiten.

Der OGBL beantragt eine Bilanz und eine tiefgreifende Analyse der Konsequenzen der Reform der Unfallversicherung aus dem Jahr 2011.

 

13. Sozialleistungen

Für den OGBL ist die staatliche Umverteilungspolitik mit ihren sozialen Transferleistungen von einer entscheidenden Bedeutung für eine sozial gerechtere Gesellschaft und für den Kampf gegen das Armutsrisiko.

13.1. Für eine Anpassung der Familienleistungen und eine Reform der Gesetzgebung zu den Dienstleistungsschecks

Die Familienzulagen („Kannergeld“) und die Schulanfangszulage wurden seit 2002 nicht mehr an die Lohnentwicklung angepasst. Zusätzlich sind sie seit 2006 vom Index losgekoppelt. Allein die Desindexierung hat einen Wertverlust von etwa 13% für beide Leistungen mit sich gebracht.

Vom 1. September 2006 bis zum 31. August 2012 hat die Loslösung der Familienzulage vom Index den Familien mit zwei unterhaltsberechtigten Kindern ein Einkommensverlust von 2.000 Euro gebracht (und das ohne den Verlust aufgrund der Desindexierung der Schulanfangszulage zu berücksichtigen). Für Familien mit drei Kindern liegt der Verlust schon bei mehr als 4.000 Euro.

Um die Desindexierung zumindest teilweise zu kompensieren, hat die Regierung im Jahr 2009 Dienstleistungsschecks für die Betreuung der Kinder bis 12 Jahre eingeführt. Sobald ein Kind die Grundschule verlässt, kann es nicht mehr von diesen Dienstleistungsschecks profitieren. Der OGBL wendet sich gegen das von der Regierung zurückbehaltene Modell, da es sich um eine selektive Maßnahme handelt, die nicht sämtliche Kinder gleichermaßen behandelt. Er fordert demnach, das Anrecht auf die Dienstleistungsschecks auf die über 13-Jährigen und auf die Kinder der Grenzgänger auszudehnen. Der OGBL geht davon aus, dass die Residenzklausel, die an die Dienstleistungsschecks gebunden ist, als indirekt diskriminierend angesehen werden muss.

Am 1. Januar 2008 wurde ein „Kinderbonus“ genannter Steuerkredit eingeführt. Die steuerliche Entlastung für den Steuerzahler, der unterhaltsberechtigte Kinder hat, die bisher in der Einkommenssteuer einbegriffen war, wird nunmehr von der Nationalen Familienleistungskasse festgelegt und wird monatlich an die betroffenen Familien ausgezahlt. Die monatliche Summe von 76,88 Euro pro Kind ist seither nicht an die Lebenshaltungskosten angepasst worden.

Da die Lebenshaltungskosten einer Familie mit unterhaltsberechtigten Kindern nicht konstant geblieben sind und auch nicht abgenommen haben, sondern, im Gegenteil, bedeutend zugelegt haben, fordert der OGBL eine substanzielle Aufwertung der Familienzulage, des Kinderbonus, der Schulanfangszulage sowie die Wiedereinführung eines Anpassungsmechanismus an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten.

13.2. Die Reform der Studienbörsen muss überarbeitet werden

Nachdem die überstürzte, diskriminatorische und sozial regressive Reform der Studienbörsen aus dem Jahr 2010 vom Europäischen Gerichtshof, wie der OGBL gewarnt hatte, wegen der darin vorgesehenen Diskriminierung der Grenzgänger als konträr zum europäischen Recht gekippt wurde, hat die Regierung bereits zweimal die Gesetzgebung in diesem Bereich revidiert. Der OGBL begrüßt, dass die Grenzgänger nunmehr auch, sofern sie verschiedene Bedingungen erfüllen, Anrecht auf die luxemburgischen Studienbörsen erhalten. Er fordert jedoch die Regierung auf, ihre Verantwortung zu übernehmen, und auch die Situation der Grenzgänger, die einen Antrag eingereicht haben, denen jedoch der Bezug der Studienbörse während der Jahre 2010 bis 2013 unberechtigterweise verweigert wurde, rückwirkend zu begleichen, um neuerliche Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Leider hat der Hochschulminister den Kritiken der Gewerkschaften und der fortschrittlichen Studentenorganisationen, sowie der tausenden Schüler und Studenten, die am 25. April 2014 auf die Straße gingen, kaum Rechnung getragen und ein Gesetz im Parlament durchgeboxt, das eine deutliche Verschlechterung gegenüber der Situation von vor 2010 darstellt. So ist das eingeführte Basisstipendium deutlich zu niedrig angesetzt; für den OGBL muss der Betrag mindestens so hoch sein, wie die Summe der bisherigen Familienzulagen (Kindergeld + Schulanfangszulage + Kinderbonus). Die Bedingungen, um in den Genuss der sozial gestaffelten Beihilfe zu kommen, sind so festgelegt, dass die Mehrheit der Studenten davon ausgeschlossen wird, beziehungsweise nur einen ganz geringen Betrag erhalten kann. Die vorgesehene Obergrenze muss also erhöht werden. Des Weiteren müssen die Gewährungsbedingungen des Mobilitätsstipendiums überarbeitet werden, um jegliche Form von ungleicher Behandlung auszuschließen. Im Gesetz muss schließlich ein Adaptationsmechanismus der Beihilfen an die reellen Lebenshaltungskosten vorgesehen werden. Der OGBL fordert die Regierung auf, das Gesetz in diesem Sinne zu überarbeiten.

13.3. Der Elternurlaub muss attraktiv sein – für beide Eltern

Der Elternurlaub ist ein konkretes Resultat des sozialen Dialogs auf europäischer Ebene, geht er doch ursprünglich auf ein branchenübergreifendes Abkommen zwischen den Sozialpartnern aus dem Jahr 1995 zurück. Die Einrichtung des Elternurlaubs hat eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben ermöglicht und der häufigen Karriereunterbrechung der Frauen nach Geburt eines Kindes entgegen gewirkt.

Allerdings hat der Elternurlaub seit seiner Einführung in Luxemburg im Jahr 1999 kontinuierlich an Wert und damit auch an Attraktivität, vor allem für Niedrigverdiener, verloren. Der OGBL fordert dementsprechend, dass der Elternurlaub an die allgemeine Lohn- und die Lebenskostenentwicklung angepasst wird.

Außerdem ist der OGBL der Meinung, dass der Elternurlaub attraktiver wäre, was die Beständigkeit der Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Betrieb sowie eine gewisse Gewährleistung des Familienbudgets anbelangt, wenn der Arbeitnehmer frei entscheiden könnte, den Elternurlaub ohne vorherige Genehmigung des Arbeitgebers in Teilzeit zu nehmen. Des Weiteren hängt die Attraktivität auch immer mehr davon ab wie die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Wiedereingliederung im Betrieb nach dem Elternurlaub angewendet werden. Auch wenn das Gesetz vorsieht, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist den Arbeitsplatz des sich in Elternurlaub befindenden Arbeitnehmers aufrechtzuerhalten oder ihm, falls dies unmöglich ist, einen, seinen Qualifikationen entsprechenden, ähnlichen Arbeitsplatz mit mindestens dem gleichen Lohn zuzugestehen, so stellt der OGBL fest, dass es immer öfter unmöglich ist auf den eigenen Arbeitsplatz zurückzukehren. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, diese Unmöglichkeit zu belegen, der Betroffene kann auch nicht Einspruch einlegen und weder die Personaldelegation noch die staatlichen Behörden haben eine Kontrollmöglichkeit. Dies muss sich ändern.

Der OGBL begrüßt das Vorhaben der Regierung, auch die Väter stärker zu motivieren, den Elternurlaub wahrzunehmen. Er unterstützt diesbezüglich die Einführung der Möglichkeit, den zweiten Urlaub zu fraktionieren. Eine solche Fraktionierung sollte jedoch aus maximal drei Blöcken von mindestens einem Monat bestehen, um jede Vermischung mit dem Urlaub aus familienbedingten Gründen zu vermeiden. Ebenfalls spricht sich der OGBL für die Erhöhung der Altersgrenze aus, um die Anwesenheit eines Elternteils bei wichtigen Momenten im Leben des Kindes, zu ermöglichen (Einschulung, Übergang in die Sekundarschule usw.).

13.4. Die Einführung eines generellen Sozialurlaubs ist notwendig

Viele Arbeitnehmer sind heute im Genuss eines kollektivvertraglich verankerten Sozialurlaubs, dessen Dauer und Anwendungszweck sich von Sektor zu Sektor und von Betrieb zu Betrieb unterscheiden. Eine Gemeinsamkeit besteht allerdings, nämlich dass diese Art von Urlaub über die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich des Urlaubs aus familiären Gründen, der nur Eltern von kranken Kindern zusteht, hinausgeht. Jedoch nicht alle Arbeitnehmer genießen solche vertraglichen Vorteile und auch die Anzahl der Beschäftigten, die gezwungen sind Haushalts- oder Familienmitgliedern, die älter als 15 Jahre sind, punktuell Hilfe zu leisten, steigt. Ausgehend vom Anstieg der Beschäftigungszahlen und des gesellschaftlichen Wandels, ist der OGBL der Meinung, dass ein genereller Sozialurlaub per Gesetz eingeführt werden sollte.

13.5. Die Qualität im Sozialsektor absichern

Der OGBL wendet sich gegen jegliche Politik, die darauf abzielt die Finanzierung und Verantwortung des Staates im Sozialsektor zu beschränken. Im Sozialsektor durchgeführte Reformen müssen die Qualität im Sektor absichern und verbessern. Eine hohe Qualität impliziert Maßnahmen bezüglich des Personals, insbesondere eine vernünftige Personalausstattung, gute Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie der Schutz des geltenden sektoriellen Kollektivvertrags. In diesem Zusammenhang muss die Finanzierung des Sektors der Entwicklung des Kollektivvertrags Rechnung tragen. Der OGBL lehnt jede Finanzierung des Sozialsektors über Pauschalbeträge ab, da diese nicht mit den Qualitätserfordernissen vereinbar sind.

14. Das Bildungswesen – ein Ganzes vom Précoce bis zur Hochschule

Der OGBL begrüßt, dass die neue Regierung die Wahl getroffen hat, das gesamte Bildungs- und Erziehungswesen in einer Hand zu vereinigen und als Ganzes zu betrachten, von der frühkindlichen Erziehung bis zur Hochschulausbildung. Insbesondere die Eingliederung der vorschulischen Betreuung kann ein Beitrag dazu sein, dass Sprachbarrieren, soziale Benachteiligungen oder kulturelle Unterschiede nicht bereits bei der Grundausbildung ein unüberwindbares Handicap darstellen und Chancengleichheit für alle Kinder gewährleistet wird.

Die Bildungspolitik muss ebenfalls die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen berücksichtigen, die spezifische persönliche Bedürfnisse haben, die nicht in Zusammenhang mit ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft stehen. Die Schule muss die notwendige Personalausstattung, sowie die notwendigen materiellen und strukturellen Mittel erhalten, um diese Hilfestellung anbieten zu können. Diese muss unentgeltlich und zugänglich für alle Betroffenen sein.

Die Grundschulreform muss überarbeitet werden

Ogbl_kongress_06122014_0331Zwar enthielt die Reform der Grundschule auch positive Elemente, wie die Einführung der Schulkomitees und einer stärkeren Mitbestimmung sowohl der Eltern als auch der Lehrkräfte. Im Allgemeinen war ihre Umsetzung jedoch schlecht vorbereitet und sie hat vor allem einen erhöhten Verwaltungsaufwand für die Lehrkräfte mit sich gebracht. Daneben entstanden weitere Probleme durch einen, den ideologischen Vorgaben der OECD folgenden, rein auf Kompetenzen setzenden Unterricht. Zwar unterstreicht auch der OGBL die Wichtigkeit der Kapazitäten der Analyse und Problemerkennung und -lösung, jedoch darf hierbei die Grundlage des gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Allgemeinwissens nicht vernachlässigt werden. Der OGBL fordert dementsprechend eine Reform der Reform im Sinne von weniger Bürokratie bei gleichzeitigem Erhalt des Mitbestimmungsmodells und eines differenzierten Unterrichtsplans auf der Grundlage von Wissen und Know-how.

Den Erfahrungen der Grundschulreform soll auch bei der noch bevorstehenden Reform der Sekundarschule Rechnung getragen werden und eine stärkere Einbindung aller Parteien (Gewerkschaften, Schüler- und Elternorganisationen) vorgesehen werden. Für den OGBL sollte die kommende Reform vor allem mehr Chancengleichheit ermöglichen und die Schüler besser auf das Berufsleben vorbereiten. Der OGBL erinnert in diesem Zusammenhang an seine Forderung der Gesamtschule („Tronc commun“) bis zum Ende der Schulpflicht (16 Jahre).

Die Reform der Berufsausbildung muss revidiert werden

Die unter der Zielsetzung durchgeführte Reform der Berufsausbildung, die Qualifikation der Jugendlichen zu verbessern, ihnen zu ermöglichen, sich ein Leben lang weiterzubilden, und die Zahl der schulischen Misserfolge zu verringern, hat dies nicht erreicht – im Gegenteil. Ihre Resultate in der Praxis sind zahlreiche schulische Misserfolge, ein Mangel an Ausbildungsplätzen, eine Entwertung des Technikerdiploms, das nun keine weiterführende Hochschulbildung mehr ermöglicht. Der OGBL fordert dementsprechend eine grundlegende Überarbeitung der Reform im Dialog mit allen betroffenen Parteien.

Der OGBL ermahnt auch die Betriebe, ihre Verantwortung für die Berufsausbildung zu übernehmen. Er schlägt vor, eine Abgabe für alle privaten und öffentlichen Betriebe und Einrichtungen zur Finanzierung der Lehrlingsvergütungen und der Ausgaben zur Weiterentwicklung der Berufsausbildung vorzusehen, zum Beispiel nach einem Bonus-/Malussystem (wer nicht ausbildet, zahlt). Auch spricht sich der OGBL für paritätisch von den Sozialpartnern geleitete sektorielle Ausbildungszentren aus.

Das Sprachenproblem angehen

Nicht gelöst hat die Bildungsreform die Frage der sprachlichen Ausbildung in einem Land mit einer extrem heterogenen Schulpopulation, einem hohen Anteil von Nichtmuttersprachlern und gleichbleibend hohen Einwanderungsraten. Ein Ziel der Schulbildung muss eine gute Beherrschung der deutschen und der französischen Sprache bleiben, sowie die Kenntnis des Englischen als zunehmend wichtigere Verkehrssprache im Berufsleben. Um den jeweiligen, durch kulturelle Ursprünge bedingten, Defiziten bei der Beherrschung der beiden Grundsprachen Deutsch und Französisch besser zu begegnen, muss ein komplexer methodischer Ansatz zum Sprachenlernen ausgearbeitet werden. Daneben ist die Wichtigkeit von gemischten Klassen bereits auf der Vorschulebene und im Rahmen der Kinderbetreuung hervor zu heben, da der Kontakt zwischen Kindern verschiedener Sprachen und Nationen den Zugang zu neuen Sprachen einfacher gestaltet und die Mehrsprachigkeit fördert.

Der OGBL schlägt vor, eine breitangelegte Debatte zu allen diesen Fragen auf nationaler Ebene vorzusehen.

Hochschulwesen und Forschung

Für den OGBL ist der Ausbau des Hochschulwesens und des Forschungsstandorts ein wesentlicher Bestandteil einer zukunftsorientierten und nachhaltigen Politik. Der OGBL tritt dafür ein, dass weiterhin ein hohes öffentliches Investitionsniveau in diesem Bereich gewährleistet bleibt, und wendet sich gegen jegliche Kürzungen im Budget der öffentlichen Universität und Forschungseinrichtungen.

Der OGBL begrüßt, dass die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Arbeitswelt, zwischen Universität und Forschungszentren einerseits und öffentlichen oder privaten Institutionen und Betrieben andererseits verstärkt werden soll. Im Sinne dieser Zusammenarbeit muss auch sichergestellt werden, dass ausreichend bezahlte Praktikumsplätze für Studenten angeboten werden.

Forschung soll nicht in einem Elfenbeinturm stattfinden. Allerdings kann diese Zusammenarbeit nicht bedeuten, dass die öffentliche Finanzierung oder die Autonomie der Lehre und Forschung in Frage gestellt werden. Auch darf dies nicht dazu führen, dass ausschließlich auf angewandte Forschung gesetzt wird, die direkt im Interesse einzelner Betriebe stattfindet, dies auf Kosten der Grundlagenforschung. Statt dem kurzfristigen Interesse der Profitmaximierung soll die Forschung auch soziale Verantwortung im Sinne einer höheren Bildungsbeteiligung übernehmen und den Dialog mit der Gesellschaft suchen. In diesem Sinne plädiert der OGBL auch für eine Integration der Thematik „Forschung und Entwicklung“ auf den verschiedenen Ebenen des sozialen Dialogs.

15. Mobilität und öffentlicher Transport

Ein qualitativ hochwertiges Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln ist für den OGBL eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, aber auch eine Schlüsselelement für Lebensqualität, eine Notwendigkeit aus Sicht des Klima- und Gesundheitsschutzes und zugleich ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Attraktivität Luxemburgs. Die Überlastung der Straßen, die insbesondere der zeitlichen Konzentrierung der Verkehrsströme einer steigenden Zahl von Grenzgängern und im Lande wohnenden Aktiven geschuldet ist, verursacht Müdigkeit, Stress, Zeitverlust und Unzufriedenheit bei allen Verkehrsteilnehmern.   Dies hat auch negative Folgen für das Wohlbefinden und die Motivation der Arbeitnehmer. Luxemburg hat folglich ein offensichtliches Interesse daran, ihnen ein attraktives Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln, sowohl auf lokaler, nationaler und grenzüberschreitender Ebene, zu gewährleisten. Dies beinhaltet insbesondere die Entwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Sinne einer kohärenten Mobilitätspolitik in der Großregion. Wesentliche Bestandteile einer solchen Politik sind der Ausbau und die Verdichtung des öffentlichen Netzes, das Vorantreiben einer einheitlichen Preisgestaltung und eine gezielte Verbesserung der Informationspolitik bezüglich der bestehenden Angebote. Desgleichen muss die Nutzung der sanften Mobilität begünstigt werden, in dem insbesondere die Zugänglichkeit der Bushaltestellen und der Bahnhöfe verbessert wird, um eine wirkliche nachhaltige und multimodale Verkehrspolitik anzubieten. Der OGBL schlägt des Weiteren vor, Betriebe finanziell zu unterstützen, die ihren Beschäftigten, sowohl den im Lande wohnenden als auch den Grenzgängern, den öffentlichen Transport zwischen dem Betrieb und ihrem Wohnort ganz oder teilweise entgelten. Schließlich lässt sich für den OGBL eine nachhaltige Mobilitätspolitik am besten durchführen, wenn die öffentlichen Verkehrsmittel auch weiterhin zum großen Teil in öffentlicher Hand sind. Er wendet sich dementsprechend gegen Privatisierungs- und Liberalisierungsversuche in diesem Bereich.

16. Menschenwürdiges Wohnen ist ein Grundrecht

Für den OGBL ist der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Wohnung ein elementares Recht. Jedoch hat die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt bei einer gleichzeitigen Verknappung des verfügbaren Wohnraums dieses Recht zunehmend in Frage gestellt. Ein gezielter Eingriff der öffentlichen Hand ist unerlässlich geworden. Der OGBL fordert konkrete Maßnahmen um die Preisexplosion einzudämmen und der Spekulation auf den Grundpreisen ein Ende zu bereiten. Vorzusehende Maßnahmen hierzu sind die Festlegung einer Höchstgrenze bei den Grundstückspreisen sowie die allgemeine Einführung einer Besteuerung von brachliegenden Grundstücken innerhalb des Bauperimeters. Zur Einwirkung auf das Angebot spricht sich der OGBL für eine konsequente Identifizierung von Baulücken und eine Beschleunigung der Prozeduren aus.

Der OGBL verlangt eine Reform des Gesetzes über den Mietvertrag, um insbesondere die Höhe der Kautionen und der Garantien auf einen Monat zu begrenzen. Des Weiteren müssen die Provisionen der Immobilienagenturen gekürzt werden und vom Vermieter getragen werden.

Der soziale Wohnungsbau muss verstärkt gefördert werden, und der Prozentsatz von verfügbaren Sozialwohnungen mindestens dem Anteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze entsprechen. Auch der Kompensationsfonds der Pensionskasse könnte diesbezüglich eine Rolle spielen und gezielt Investitionen in den sozialen Wohnungsbereich vornehmen.

Der OGBL fordert darüber hinaus auch ein Modell von Mietzuschüssen für minder bemittelte Haushalte und bemängelt, dass manche Prämien, insbesondere zur Förderung der Energieeffizienz im Wohnbereich, nicht gemäß der Einkommenssituation der Haushalte gestaffelt sind. Der OGBL schlägt deshalb der Regierung vor, eine neue Prämienstruktur im Wohnbereich mit degressiv sozial gestaffelten Prämien einzuführen, die Prämien im Allgemeinen zu erhöhen und automatisch an die Preisentwicklungen im Bau- und Immobilienbereich und bei der Energie anzupassen. So können eine allgemeine Erhöhung der Lebensqualität für alle Bevölkerungsschichten erreicht und die Energieeffizienz im Sinne des Klimaschutzes verbessert werden.

Für ein integriertes Wohnen

Bei der Neugestaltung der Wohnungspolitik muss der Lebensgestaltung älterer Mitbürger Rechnung getragen werden. Somit fordert der OGBL, dass z.B. im Bereich des Wohnungsbaus der Schwerpunkt auf die Schaffung von bezahlbaren betreuten Wohnprojekten für ältere Menschen gelegt wird. Solche Wohnkonzepte müssen mit in die Planungen der zukünftigen Städtebauentwicklung integriert werden. Dadurch soll eine  Ghettoisierung verhindert werden.

17. Aktive Politik des 3. und 4. Alters

Hoher Rat der älteren Menschen

Der Hohe Rat der älteren Menschen („Conseil supérieur des personnes âgées“) besteht im Moment aus mindestens 19 und maximal 25 Mitgliedern, die vom zuständigen Minister für Familie und Integration für zwei Jahre genannt werden mit der Möglichkeit einer Verlängerung des Mandats.

Die aktuellen Missionen des Hohen Rates sind unserer Ansicht nach ungenügend

Deshalb fordert der OGBL eine grundlegende Reform bezüglich dieses Hohen Rates für ältere Menschen, insbesondere hinsichtlich der Infrastruktur und deren Verwaltung. Der Hohe Rat der älteren Menschen soll über ausreichende finanzielle Mittel und Humanressourcen verfügen damit er sich autonom verwalten kann.

Des Weiteren muss der ihm zugetragenen Aufgaben- und Handlungsbereich überarbeitet werden.

Der Hohe Rat der älteren Menschen muss mehr politisches Gewicht erhalten, damit er aktiv auf nationaler Ebene auf die Politik betreffend die Menschen des 3. und 4. Alters einwirken kann.

18. Immigration – eine Grundlage unseres Wohlstands

Ogbl_kongress_06122014_0339Der Wohlstand und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Luxemburgs wären ohne den Beitrag der Immigration seit Beginn der Industrialisierung und verstärkt seit den 1980er Jahren undenkbar gewesen.

Der OGBL wendet sich dementsprechend gegen jegliche Forderungen zur Beschränkung der Einwanderung und gegen alle fremdenfeindlichen oder rassistischen Ideologien. Der OGBL steht seit Jahrzehnten in erster Linie, um für gleiche Rechte für Alle ohne Berücksichtigung von Nationalität oder Wohnsitz einzutreten.

Der OGBL tritt für eine fortschrittliche Einwanderungspolitik ein und sieht die Freizügigkeit der Bürger und die arbeits- und sozialrechtliche Gleichbehandlung in Europa als positive Errungenschaft des europäischen Integrationsprozesses. Der freie Verkehr von Personen und Arbeitnehmern darf nicht dem freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr untergeordnet werden.

Um den im Kontext der Arbeitnehmermobilität notwendigen Anpassungen beim Arbeits- und Sozialrecht gerecht zu werden, ist eine engere Zusammenarbeit und ein Ausbau des Informationsaustausches der Institutionen der Sozialen Sicherheit sowie der öffentlichen Einrichtungen im Bereich der Arbeitsmarktverwaltung nötig. Die bestehenden sozialrechtlichen bilateralen Abkommen müssen im Sinne der Versicherten verbessert werden und neue Abkommen müssen abgeschlossen werden, um jeglicher Diskrimination, etwa bzgl. der Anerkennung von Versicherungszeiten und des Transfers von Versicherungsleistungen, entgegen zu wirken.

Der OGBL tritt des Weiteren für Erleichterungen beim Erwerb der luxemburgischen Nationalität ein. So schlägt er vor, die notwendige Aufenthaltsdauer auf 5 Jahre herabzusetzen und das Erfordernis luxemburgischer Sprachkenntnisse zu lockern, damit dies nicht zu einer unüberwindbaren Hürde wird.

Um die Teilhabe am politischen Leben und die Wahrnehmung der demokratischen Rechte zu ermöglichen, spricht sich der OGBL für das aktive Wahlrecht bei den Parlamentswahlen für alle seit einer festzulegenden Dauer im Land ansässigen erwachsenen Personen aus.


[1]

In dieser Resolution wird der Einfachheit halber nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer mit eingeschlossen.

[2]

Nach einem Bericht von Capgemini und RBC Wealth Management verfügten die 12 Millionen reichsten Menschen 2012 zusammen über ein Vermögen von 46,2 Billionen US-Dollar, das entspricht etwa 64% des Weltbruttosozialprodukts (72 Billionen US-Dollar); zitiert im Avis des Wirtschafts- und Sozialrats „Perspectives économiques sectorielles à moyen et long terme dans une optique de durabilité. Le secteur financier“, 2014.

[3]

Trade and Development Report 2012.

[4]

So unterstreicht die OECD, dass zwischen 1981 und 2013 die Spitzensteuersätze im OECD-Durchschnitt von 66% auf 43% gesenkt wurden; vgl. Focus on top Incomes, 2013, basierend auf Untersuchungen der Ökonomen Thomas Piketty, Anthony Atkinson und Emmanuel Saez.

[5]

Quelle : CSL.

[6]

STATEC, „Les prélèvements obligatoires depuis les années 1960“, 2013.