OGBL-Nationalvorstand

Vorrang hat die soziale Gerechtigkeit

com_nat_27_01_2015_1Der OGBL-Nationalvorstand hat am Dienstag, dem 27. Januar seine erste Sitzung des Jahres abgehalten. Auf der Tagesordnung dieser Sitzung standen unter anderem die Analyse der sozialen und wirtschaftlichen Situation des Landes, die Weiterverfolgung des Abkommens vom 28. November 2014 mit der Regierung, ein Bericht über das Treffen vom 26. Januar 2015 mit der Regierung und der UEL im Rahmen der jährlichen Überprüfung des Wachstums 2015 (europäisches Semester) sowie die Berichte der Berufssyndikate.

Doch kam der OGBL-Nationalvorstand zuerst auf einen Bericht zu sprechen, der kürzlich von der internationalen Organisation Oxfam vorgelegt wurde. Dieser Bericht, der kurz vor dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos veröffentlicht wurde, gibt einen alarmierenden Überblick über die aktuelle Situation: im Jahr 2014 besaßen 85 Menschen auf der Welt so viel wie andrerseits die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung. Seit dem Beginn der Krise im Jahr 2008, hat dieses Verhältnis sich um sechs Prozentpunkte weiterentwickelt (die 85 größten Vermögen der Welt besaßen zu dem Zeitpunkt so viel wie 44% der Weltbevölkerung). Nie hatten die Ungerechtigkeiten auf der Erde solche Ausmaße erreicht, und sie werden immer größer. Wie es der Nationalvorstand des OGBL unterstrich, wenn es heute eine Priorität gibt, sowohl auf internationaler wie auf nationaler Ebene, so ist das die Frage der sozialen Gerechtigkeit, so wie es deutlich aus diesem Bericht hervorgeht.

Abkommen mit den Gewerkschaften und Abkommen mit dem Patronat: zweierlei Maß

Der OGBL-Nationalvorstand hat sich anschließend im Detail mit dem Abkommen beschäftigt, das am 28. November 2014 zwischen Regierung und Gewerkschaften unterzeichnet wurde sowie mit dem Abkommen, das am 14. Januar 2015 zwischen Regierung und UEL vereinbart wurde. Während die Arbeitnehmer- und Patronatsvertreter am vergangenen 3. Februar sich mit der Regierung treffen sollten, um gemeinsam eine Analyse der beiden Abkommen durchzuführen, bestand der OGBL-Nationalvorstand darauf das offensichtliche Ungleichgewicht der beiden hervorzuheben und hat die Regierung ebenfalls gewarnt.

Die Vereinbarungen, die am 28. November mit den Gewerkschaften getroffen wurden, wurden dies im Rahmen der Vorlage des Budgetprojektes der Regierung für 2015. Ein Budgetprojekt von dem 80% der Maßnahmen direkt die Privathaushalte betraf, und das so wie es vorgestellte wurde, für den OGBL schlicht unannehmbar ist, wenn man die negativen Folgen in Betracht zieht, die es auf dem Sozialplan mit sich gezogen hätte. Nach der Mobilisierungskampagne, die vom OGBL gestartet wurde, hat die Regierung es schließlich akzeptiert, Verhandlungen aufzunehmen, die zu diesem Abkommen geführt haben. Ein Abkommen, wie der OGBL-Nationalvorstand es nochmals wiederholt hat, bei dem es sich ausschließlich um einen Kompromiss handelt, nicht mehr und nicht weniger. Dieses Abkommen hat es ermöglicht, die negativen Konsequenzen des vorgesehenen Maßnahmenpakets abzuschwächen, doch bedeutet dies keinesfalls, dass der OGBL sich mit der von der Regierung eingeschlagenen Haushaltspolitik einverstanden erklärt. Ganz im Gegenteil.

Der OGBL-Nationalvorstand hat ebenfalls unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die einzelnen Punkte dieses Abkommens nicht mehr verhandelbar sind. Da das Abkommen das Ergebnis eines Kompromisses ist, ist mit keiner Gegenleistung seitens der Arbeitnehmer mehr zu rechnen. Abschließend hat der Nationalvorstand bekräftigt, dass keiner der Punkte, die in diesem Abkommen festgehalten ist, die Interessen der Arbeitgeber berührt oder schädigt. Es wurde übrigens besonders auf diesen Punkt bei den Verhandlungen im November Wert gelegt.

Der OGBL-Nationalvorstand stellt jedoch mit Entsetzen fest, dass im Rahmen der Verhandlungen und der Vereinbarungen zwischen Regierung und UEL ganz anders vorgegangen wurde. Außer den Ankündigungseffekten, bei denen es sich um einen sogenannten „Beschäftigungspakt“ handelt, der nur so von der Abwesenheit irgendeines Engagements seitens der UEL glänzt, und so als reine Augenwischerei betrachtet werden kann. Dieses Abkommen enthält tatsächlich auch eine ganze Reihe von Punkten, die die Interessen der Arbeitnehmer direkt angreifen.

Der Nationalvorstand hat in diesem Kontext ganz besonders das Abkommen zwischen Regierung und UEL hervorgehoben, laut dem die Gesetzgebung bezüglich der „Referenzperiode“ und der Arbeitszeitorganisation, reformiert werden müsste um „die Produktivität der Unternehmen zu verbessern“. Der OGBL-Nationalvorstand hat seinerseits mitgeteilt, dass es überhaupt nicht in Frage kommt, eine Flexibilisierung der Arbeitszeit vorzusehen.

com_nat_27_01_2015_2Weiterer sehr umstrittener Punkt im Rahmen des Abkommens vom 14. Januar: die Zusage, die die Regierung zur Abänderung des qualifizierten Mindestlohns gegeben hat, unter dem Vorwand, dass ein Gerichtsurteil bestätigt hat, dass ein Arbeitgeber verpflichtet ist, den qualifizierten sozialen Mindestlohn zu zahlen, und zwar an jeden Arbeitnehmer, der zehn Jahre Erfahrung in seinem Beruf hat. Der OGBL zeigt sich entsetzt über diesen Entschluss und warnt davor, dass nicht an die geringste Verschlechterung des Gesetztes über den sozialen Mindestlohn zu denken ist. Ganz im Gegenteil müsste dieser aufgewertet werden, umso mehr, wenn man die immer größere Zahl der Arbeitnehmer in Luxemburg in Betracht zieht, die unter der Armutsgrenze oder ganz nah daran leben.

Die Mitteilungen des OGBL im Rahmen des Europäischen Semesters

Der OGBL-Nationalvorstand ist anschließend nochmals auf das Treffen vom 26. Januar 2015 mit Regierung und UEL, im Rahmen der jährlichen Wachstumsüberprüfung (Europäisches Semester), zurückgekommen. Der OGBL-Nationalvorstand hat die Regierungsinitiative begrüßt, zum ersten Mal die Sozialpartner in diese Prozedur mit einzubeziehen, und brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass eine Reihe von Einwänden, die bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck kommen werden, bei der Regierung auf offene Ohren stoßen werden.

Bei diesem Treffen, unter dem Zeichen der Konzertierung, hat der OGBL, nachdem er die traurige Bilanz der Politik, die während der vergangenen Jahre innerhalb der EU betrieben wurde (schwacher Wachstum, Rekordarbeitslosigkeit, Sozialversicherungsabbau, Verstärkung der Ungerechtigkeiten) gezogen hatte, hat er sich eingesetzt für eine Neuorientierung der Politik, und zwar in Richtung Nachfrage, nicht aber in Richtung Angebot. Dies bedeutet konkret, Schluss mit der Austeritätspolitik, die Überarbeitung einer ganzen Reihe von kontraproduktiven strukturellen Maßnahmen, die jedoch weiterhin von der Europäischen Kommission befürwortet werden. Darüber hinaus bedarf es eines konsequenten Investitionsplans, der es zum Ziel hat, die Kaufkraft der Haushalte zu stärken, und so die innere Nachfrage zu fördern, einziger Garant für das Wachstum innerhalb der EU.

Immer noch sehr angespannte Situation im Flugsektor

Der OGBL-Nationalvorstand hat ebenfalls von der sehr angespannten sozialen Situation im Sektor der zivilen Luftfahrt Kenntnis genommen, und das, obwohl kürzlich eine Übereinstimmung im Rahmen der Erneuerung des Kollektivvertrags bei Luxair gefunden wurde. Der Zentralsekretär des OGBL-Syndikats Zivile Luftfahrt hat berichtet, dass außer den Fällen Cargolux und Luxairport, die sich zurzeit im Schlichtungsverfahren befinden, das Schlichtungsamt zusätzlich im Rahmen des derzeitigen Konflikts zwischen dem Verwaltungsrat der „Agence luxembourgeoise pour la sécurité aérienne“ (ALSA) und ihren Arbeitnehmern, befasst werden musste.