G20: sind die Entscheidungen von Washington der Finanzkrise gewachsen?

Obwohl die Führungsspitzen der wichtigsten Wirtschaftsmächte bei ihrem Treffen am 15. November 2008 in Washington eingestanden haben, dass wir die schlimmste Finanzkrise der letzten Jahrzehnte durchleben, haben sie sich größtenteils darauf beschränkt, Grundsatzerklärungen abzugeben. Ihre größte Sorge galt der Beruhigung des Großkapitals und so versicherten sie, dass sie dem offenen Handel, den freien Märkten und der Ablehnung jeglichen Protektionismus weiterhin verpflichtet bleiben.

Die Gewerkschaften hatten über den Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB), eine Reihe Reglementierungs- und Kontrollmaßnahmen vorgeschlagen, die nicht in der Abschlusserklärung zurückbehalten wurden: die öffentliche Rechenschaftspflicht der Zentralbanken; den Ausbau der solidarwirtschaftlichen Finanzdienstleistungen; Absicherung der Rentensysteme; die Besteuerung der internationalen Finanztransaktionen; die Kontrolle der Spekulation auf den Börsenmärkten, darunter die der Rohstoffmärkte; der Schutz der Konsumenten und Haushalte gegen die von schierer Gier getriebenen Praktiken verschiedener Kreditinstitute.

Trotzdem ist es anerkennenswert, dass die G20-Erklärung das Vorhandensein von Reglementierungslücken im internationalen Finanzsystems eingesteht, was in den vorherigen G8-Erklärungen nicht der Fall war. Insbesondere haben sich die am G20 anwesenden Wirtschaftsmächte dazu verpflichtet „den Anwendungsbereich der Finanzregulierung zu überprüfen und den Institutionen, den Instrumenten und den zurzeit nichtreglementierten Märkten ein besonderes Augenmerk zu widmen“. Laut IGB-Stellungnahme ist jedoch nicht gesichert, dass diese Prüfung jenen Reglementierungslücken Beachtung schenkt, von denen die spekulativen Hedge-Fonds, die Private Equity-Gesellschaften und die anderen nichtregulierten Investmentfonds profitieren. Der politische Wille einen Reglementierungsrahmen zu schaffen scheint zu fehlen, da die Führungskräfte lediglich auf Selbstdisziplin seitens der Hedge-Fonds und der Private Equity-Fonds hoffen.

Die Arbeitnehmerorganisationen wurden nicht eingebunden Außerdem sieht der Text kein Mitspracherecht für die Gewerkschaftsorganisationen und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) bei den laufenden Verhandlungen vor. Man sollte allerdings bedenken, dass die internationale Krise global zu einem Verlust von insgesamt 150 bis 160 Tausend Arbeitsplätzen im Bankensektor führen kann, das Überschwappen auf die Realökonomie allerdings, – und dies geschieht gerade als direkte Folge der Finanzkrise -, Millionen von Menschen ihren Arbeitsplatz kosten kann.

Es wäre demzufolge legitim, dass diejenigen internationalen Organisationen, die die Arbeitnehmerinteressen vertreten, offiziell in den Entscheidungsprozess einbezogen würden.

Die Gewerkschaften fordern ein Mitspracherecht
Für die Gewerkschaften hat der Interessenkonflikt zwischen den nichtkontrollierbaren und nichtreglementierten Finanzmärkten einerseits, und den Finanzierungsbedürfnissen der Realwirtschaft, um annehmbare Arbeitsplätze zu bieten andererseits, die Weltwirtschaft an den Rand der Katastrophe gedrängt.
Die Gewerkschaften haben nur sehr wenig Vertrauen in Treffen zwischen Regierungen und Bankern zur Behebung der Krise welche hinter verschlossener Tür ablaufen. Die gegenwärtige Krise kann nur durch größte Transparenz und durch Konsultation bewältigt werden. Die internationalen Gewerkschaftsorganisationen sind bereit auf internationaler Ebene ihren Teil zu diesem Prozess beizutragen. Für den OGBL gilt dies aber auch was die Gespräche und Verhandlungen auf nationaler Ebene anbelangt. Denn die ersten Opfer dieser Krise werden die Arbeitnehmer sein. Es muss deshalb alles getan werden, um diese zu schützen.

In den kommenden Wochen und Monaten werden sich die internationalen Gewerkschaftsorganisationen auf allen Ebenen mobilisieren, um sich für die Arbeitnehmerrechte in einem sich verschlechternden Arbeitsumfeld zu schützen.

Mitgeteilt vom OGBL
am 20. November 2008